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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 2.1987
Seite: 121
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0123
Von A (djunkt) bis Z (enoides)

Übernamen bei Hebel
Werner Fischer

Jeder von uns verwendet gern Ubernamen, Spitznamen, Spottnamen, sofern sie anderen
gelten und nicht uns. Gut, daß wir selten oder nie hören, wie andere uns nennen.
Man denkt sich Ubernamen aus, oder sie fallen einem ein, weil man jemanden necken
will, weil man ihn heimlich hintenherum verkleinern möchte, sich über ihn lustig macht
oder ihn haßt. Es gibt Ortschaften, in denen jeder Einwohner zwei Ubernamen hat: einen
öffentlich und auch ihm bekannten und einen heimlichen. Wer einen Menschen mit
Namen nennt, bekommt ihn in den Griff. Adam gibt einem jeglichen Vieh und Vogel unter
dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen (1. Mose 2). Rumpelstilzchen ist
nur so lange gefährlich, als niemand seinen Namen kennt.

Ein auffallender Charakterzug Hebels war sein Humor. Wer in seinen Briefen liest,
wie er mit Freunden beim Weine saß und fröhliche Feste feierte, kann sich gut vorstellen,
daß dabei manches Witzwort fiel und mancher Wortwitz und daß mancher Anwesende
und noch mehr Abwesende einen neuen Namen erhielten. In Hebels Erzählungen finden
wir nicht viele Ubernamen: Adjunkt, die Schwiegermutter, der rote Dieter, der
Steindoktor. In seinen Briefen tauchen mehr auf; da machte Hebel aus seinem Herzen
keine Mördergrube. Die wichtigste Quelle für Ubernamen bei Hebel ist für immer versiegt
: der Dichter selbst. Aber was ihn überdauert hat, seine Gedichte, Erzählungen und
Briefe, gibt uns eine Vorstellung davon, wie fröhlich, verschmitzt und witzig Hebel sein
konnte. Wir brauchen nur darauf zu achten, wie er andere Menschen nennt.

Die Ubernamen folgen hier in alphabetischer Ordnung.

Der Adjunkt wird zum erstenmal in Briefen vom Januar 1810 an Henriette Hendel
erwähnt: Riedlingers Tochter wird Ihnen geschrieben schwer zu lesen seyn. Der Adjunkt
hats hauchdeutsch übersetzt für das Journal des Luxus und d. Moden. Und er fügt hinzu:
sehr treu, etwas nachlässig. Im Kalender stellt Hebel in Des Hausfreunds Vorrede zum
Neujahrswunsch von 1811 den Lesern vor: Was aber die zwei Gehilfen betrifft, so hat der
Hausfreund angenommen, erstlich einen braven Adjunktus, der schon weit in der Welt
herumgereist ist, in Paris, in Amsterdam und in München. Der geneigte Leser wird ihn
bald kennen, wenn er ihn sieht. Denn er ist hochgewachsen und breit, trägt statt der
Schnallen Schnüre an den Beinkleidern, hat eine schwache, leise Stimme, versteht alle
Sprachen (der Hausfreund zwar auch), und in seiner Kindheit müssen die Schutzpocken
noch nicht sehr in Schwung gewesen sein. Im Schatzkästlein folgt auf das obengenannte
Stück eines, das Zwei Gehilfen des Hausfreunds überschrieben ist. Darin erklärt Hebel
den Lesern, daß er den Bezirk diesseits des Rheins in zwei Provinzen geteilt habe und der
Adjunkt der Statthalter der unteren Provinz sei. Adjunkt ist ein veraltetes Wort für den
Gehilfen eines Beamten, überhaupt einen jungen Beamten, entsprechend dem heutigen
Referendar. Von 1811 an tritt immer wieder der Adjunkt im Kalender auf, er wird zu einer
der stehenden Figuren darin, so in Des Adjunkts Standrede im Gemüsegarten seiner
Schwiegermutter (wo er einen botanischen Vortrag hält), in Der fremde Herr (wo er einen
Angeber entlarvt), in Baumzucht (wo er vom Kirschenessen schwarze Lippen hat
und sich das Liedlein vom Kirschbaum vorsingen läßt), in Der schwarze Mann in der
weißen Wolke (1812), in Des Adjunkts Standrede über das neue Maß und Gewicht, in

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