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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 66
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Nur vermuten läßt sich ein möglicher Einfluß des Pfaffenweiler Unternehmens mit
seinen abschreckenden Folgen auf den schließlichen Ausgang des zunächst gleichlautenden
Bremgartener Vorhabens.

Im nur zwei Kilometer entfernten Ebringen hingegen ist eine 'Entscheidungshilfe'
aus Pfaffenweiler mehr als wahrscheinlich, als der Gemeinderat 1854 den Beratungsgegenstand
Algerienauswanderung mit einer ablehnenden Entscheidung beendete und
sich analog zu Bremgarten für die Unterstützung mit dem Ziel Nordamerika entschied
.22)

Reinhold Muschik vermutet für Bollschweil einen Einfluß des mahnenden Beispiels
aus Pfaffenweiler - zumal ein Bollschweiler an diesem Fehlschlag teilgenommen hatte.
Darüberhinaus hat der Staufener Amtmann Metzger mehrmals warnende Berichte
nach Bollschweil gesandt, als sich im Frühjahr 1854 eine Gruppe von 37 Auswanderungswilligen
mit Hilfe der Gemeinde auf den Weg nach Algerien machen wollte. Der
Gemeinderat hat die nötige Zustimmung nicht erteilt.231

Auch der Hartheimer Gemeinderat faßte im Juli 1853 den Beschluß, mehreren Personen
nach Algerien zu verhelfen, "Wen nachgewiesen ist daß dieselben Französische
Staatsbürger sind."24' Das Vorhaben wird nicht durchgeführt: stattdessen werden auch
hier Amerikaauswanderungen unterstützt.

Bleibt Pfaffenweiler als unrühmliches Beispiel, an dem allerdings auch die fließende
Grenze zwischen Abschiebung und 'freiwilliger'Auswanderung sehr deutlich wird. Die
Haltung 'Hauptsache, wir sind einige Kostgänger los!" gilt für alle genannten Beispiele,
wenn auch das aus Pfaffenweiler die deutlichsten Zeichen einer Abschiebung trägt.
Überall wurden Gelder vorgestreckt, Kapitalien aufgenommen, Wald zu Geld gemacht
(in Pfaffenweiler heißt noch heute ein Gewann Afrika*, da es zur Finanzierung der Al-
gerienauswanderung abgeholzt worden ist), kurz: alle Gemeinden ließen sich den zahlenmäßigen
Abbau armer Mitbürger etwas kosten.

Und doch wurde keiner der Auswanderer (nachweislich) unmittelbar zum Verlassen
des Heimatortes gezwungen. Immer ging ein mindestens formelles Gesuch auf Unterstützung
des Auswanderungswunsches voraus. Die Vorhaben - durchgeführt oder nicht
- geschahen in aller Regel auf Initiative der Auswanderungswilligen. Die Gemeinden
wurden aufgrund der Gesuche aktiv, warben weitere Kandidaten an und forderten
Ortsarme direkt zur Auswanderung auf.

Gemeinden wie Bremgarten. Ebringen, Hartheim und Pfaffenweiler waren auf
Dauer nicht in der Lage, die große Anzahl einkommensloser Ortsbürger zu ernähren
und zu versorgen.

Die Gesuche auf Unterstützung und die Gewährung der Mittel zu Auswanderungszwecken
werden vor den Hintergründen der realen Perspektivlosigkeit sowohl der
Ortsarmen als auch der Gemeinderepräsentanten verständlicher.

3. Beweggründe und Ursachen.

Unter Auswanderung verstehen wir den Wegzug vom Geburts- oder Wohnort, das
Verlassen des bisherigen Staatsverbandes in der Absicht, sich dauerhaft in einer
Fremde niederzulassen. Dieses Sich-auf-den-Weg-machen geschah nur in wenigen Ausnahmefällen
aus Reise- oder Abenteuerlust. In aller Regel lieferten religiöse, politische
, soziale und ökonomische Gegebenheiten die mittelbaren und unmittelbaren
Gründe. Die oftmals religiös motivierten Auswanderungen des 17. und 18. Jahrhunderts
liegen außerhalb unseres Zeitrahmens. Ebenso die einigen Zehntausend jungen


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