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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 98
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0100
In Osterwieck am Harz wurden Geldscheine aus Glaceleder hergestellt, in Pößneck
(Thüringen) bot man Absätze und Sohlen aus bestem Schuhleder als Notgeld
an.

Es gab Notgeld aus Aluminium-Folie in Teningen/Baden und Lautawerk in Thüringen
. Das Notgeld aus besonderem Material ist relativ schwer zu finden, es fehlt in vielen
Notgeld-Sammlungen und wird auch entsprechend teuer angeboten.

Der absolute Höhepunkt der Inflation liegt ziemlich genau 65 Jahre zurück. Die galoppierende
Schwindsucht der Mark erforderte unbedingt eine baldige Währungsreform
. Die Gründung der Deutschen Rentenbank am 15. Oktober 1923 war der entscheidende
Schritt zu einer Währungssanierung. Die von ihr ausgestellten Rentenbriefe
waren durch eine Grundschuld gedeckt.

Aber noch war der katastrophale Zustand unserer Währung nicht beendet. In
Deutschland machte sich ein beispielloses soziales Elend immer breiter, die Armut in
der Bevölkerung wuchs täglich. Der Lohn mußte sofort in Naturalien umgesetzt werden
, denn einen einzigenTag später konnte man damit nichts mehr kaufen. Ein Ei kostete
beispielsweise Mitte November 1923 ca. 40 Milliarden Mark, einen Tag später bereits
200 Milliarden. Ein Kilo Butter kostete Ende Oktober 1923 12 Milliarden, Mitte
November aber fast eine Billion Mark. Im Oktober mußte z.B. ein Arbeiter für ein
Paar einfache Schuhe den Lohn von öWöchen hinlegen. Am 6. November 1923 kostete
ein Laib Brot bereits 80 Milliarden Mark.

Es kam in dieser traurigen Zeit überall zu Hamsterkäufen. Geschäfte wurden geplündert
, besonders Bäckereien, denn das verdiente Geld reichte nirgends mehr, es verlor
in wenigen Stunden seinenWert.Tarifverträge verloren ihren Sinn, Arbeiter kehrten
ihren Gewerkschaften den Rücken. Die Flucht in Sachwerte nahm immer häßlichere
und bedrohlichere Formen an. Kunstgegenstände wurden aus Kirchen und Museen gestohlen
wie nie zuvor. Das Schuldenmachen war ohne Risiko. Spekulanten hatten
Hochsaison, sie konnten trotz allem riesige Vermögen zusammenraffen.

Die Inflation hatte die Armen noch ärmer gemacht, die Reichen (die Besitzer von
Sachwerten) aber noch reicher, viel reicher als zuvor. (Es klingt unwahrscheinlich, aber
es war so.)

Jedes Geldvermögen ist durch den Grundsatz "Mark gleich Mark" total entwertet
worden. Zeichner von Anleihen waren pleite, und die Schuldner waren ihre Verpflichtungen
schlagartig los.

Nun wurde der Ruf nach einem wertbeständigen Geld unüberhörbar, und die Regierung
mußte schnell handeln, wollte sie eine Revolution verhindern. Aufstände und Revolten
waren an der Tagesordnung. Endlich war es soweit. Am 15. November wurde die
Notenpresse stillgelegt, und am 20. November 1923 war der Tag X, das Ende einer
schrecklichen Inflation.

Die Deutschen konnten wieder aufatmen, wenn leider auch nur für wenige Jahre,
denn das deutsche Volk ging bald wieder schweren Zeiten entgegen.

Nach dem 20. November begann der Umtausch des Notgeldes in neues, gutes Geld.
Für 1 Billion (1.000.000.000.000.-) betrug der Gegenwert eine einzige Rentenmark.
Aber wer hatte schon viele Billionen zum Wechseln?

Die Tabelle Nr. 2 zeigt auf, wie die Preise für wichtige Lebensmittel und Bedarfsartikel
stiegen. Anfang 1924 war das Preisgefüge der Vorkriegszeit in etwa wieder erreicht,
wenn auch nicht auf allen Gebieten. Dies war ein Hauptverdienst des damaligen
Reichskanzlers Gustav Stresemann, dem das deutsche Volk unendlich viel zu verdanken
hat. Stresemann erhielt 1926 den Friedensnobelpreis und starb 3 Jahre später,
kaum 51-jährig.

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