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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 124
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0126
den Kommunisten vor Augen geführt, daß ohne Waffen. Sprengstoff und Munition gegen
die Gewalt des Staates nicht aufzukommen war. Das Revolutionsprogramm der Kommunisten
sah den Beginn des Aufstandes in Oberbaden vor. Von dort sollte der Aufruhr in die
benachbarten Gebiete mit dem Ziele übergreifen, sich mit den Parteien anderer Länder
zu vereinigen, um schließlich aus Deutschland eine rote Republik zu machen.

In Zell i.W. befand sich am Möhrenberg ein Pulvermagazin, das sogenannte "Pulver-
hüsli" des Kaufmanns Faller. Dort versorgten sich die Aufrührer mit insgesamt 150 kg
Sprengstoff, Sprengkapseln und Zündschnüren. In der sogenannten Holzfabrik, einem
Zellulose herstellenden Betrieb, wurden in der Schlosserei u.a. aus großen Stauffer-
büchsen Handgranaten hergestellt. Es herrschte vornehmlich in Zell eine zwar geheime
, doch große Betriebsamkeit mit dem Ziele eines Staatsstreiches.

Es wurden nach den mündlichen Überlieferungen älterer Einwohner schwarze Listen
über maßgebliche Persönlichkeiten am Ort und außerhalb aufgestellt, zum
Zwecke, durch Verhandlungen, Verschleppungen und sonstige Gewalt die Ausrufung
der Republik Wiesental als Keimzelle für eine kommunistische Republik Süddeutschland
zu erzwingen. Der ursprünglich geplante Umsturztermin vom 23. Oktober mußte
infolge der Streikereignisse vom September 1923 verschoben werden. Er war nun für
Ende Oktober/Anfang November 1923 vorgesehen.

Zwischenzeitlich überstürzten sich jedoch die Ereignisse. Der Sprengstoffdiebstahl
durch die Kommunisten im sogenannten Pulverhüsli wurde entdeckt, worauf eine sofortige
umfangreiche Polizeiaktion erfolgte. Das "Markgräfler Tagblatt" berichtete
hierüber am 8.11.1923:

Hochverratsaktion der Kommunisten

Von zuständiger Seite erfahren wir über die im Laufe der letzten Woche in Zell i.W.
vorgenommenen Verhaftungen folgendes:

In der 2. Oktober-Hälfte sind in Zell und Umgegend eine Reihe von Sprengst offdieb-
stählen vorgekommen, bei denen den Dieben insgesamt nahezu 3 Zentner überaus gefährlicher
Sprengstoffe, Sprengkapseln sowie Pulver in die Hände gefallen sind. Ende Oktober
ist zur Kenntnis der Behörde gelangt, daß diese Sprengstoffdiebstähle von kommunistischer
Hand ausgeführt und zu demnächst geplanten kommunistischen Angriffen gegen die
Staatsgewalt bestimmt seien. Daraufhin wurden am Montag, 29. Oktober vom Oberreichsanwalt
in Waldshut unter Zuzug eines größeren Gendarmerieaufgebotes und eines
Zuges Sicherheitspolizei zunächst 6Verhaftungen vorgenommen. Am gleichenTag wurde
in Lörrach der Führer der Zeller Kommunisten Edmund Rummele verhaftet. Er war im
Besitz größerer Mengen Sprengkapseln. Im Laufe der nächstenTage haben einige der Zeller
Verhafteten ein umfangreiches Geständnis dahingehend abgelegt, daß in Zell unter
Führung Rümmeles in den letzten Tagen eingehende Besprechungen über einen in nächster
Bälde geplanten kommunistischen Aufruhr stattgefunden hätten und daß die Sprengstoffdiebstähle
zu dem Zwecke von Zeller Kommunisten ausgeführt worden seien, um die
für Aufruhrzwecke erforderliche Munition in die Hand der Kommunisten zu bringen und
weiter, daß auch wirklich in Zell aus gestohlenen Sprengkapseln Handgranaten hergestellt
worden sind, die bereits in das in Aussicht genommene Aufruhrgebiet geschafft worden
sind. Daraufhin wurden in der Frühe des 3. November vom Oberreichsanwalt in Waldshut
unter Sicherheitspolizei-Bedeckung weitere 12 Bezichtigte festgenommen und ebenfalls
aus dem Bezirke fortgeschafft und das gesamte Material wurde noch am gleichen Abend
dem Oberreichsanwalt und dem mit der Verfolgung der kommunistischen Aufruhrbewegung
in Oberbaden beauftragten Untersuchungsrichter übergeben. Es wird gegen alle an

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