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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 128
(PDF, 36 MB)
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öffentlichen Interesses. Und von Beginn seiner Existenz an zählte das Großherzogtum
Baden für Frankreich zu den wichtigsten Unterzeichnerstaaten des im Juli 1805 zu Paris
geschlossenen "Rheinbunds".

Die erste "Bewährungsprobe" hatte der neue Pakt kurz nach seinem Abschluß im
preußisch-französischen Krieg von 1806 zu bestehen, als "bundesgenössische" badische
und andere deutsche Truppen gemeinsam mit der französischen Armee gegen
Preußen marschierten. Der "Rheinbund" hielt, doch brauchten die Badenser den historischen
Quellen zufolge nicht direkt in die Kämpfe von Jena und Auerstedt einzugreifen
.

Hebel selbst ergriff ebenso unzweideutig im "Rheinländischen Hausfreund" Partei
für die badische Regierung: In den Kalenderbeiträgen "Der preußische Krieg" von
1808 und im "Neujahrswort" von 1809 informiert der Kalendermacher breit und bereitwillig
seine Leser über den fatalen Ausgang des Krieges in Preußen und steht dabei
trotz bekundeten Mitfühlens mit dem geschlagenen preußischen König unzweifelhaft
im Lager Napoleons.

Für jedermann offenbar, auch und speziell für den einfachen badischen Landsmann
, dem Hebel mehrheitlich als seinem "geneigten Leser" huldigt, wird der Persönlichkeit
Napoleons und ihren Kriegszielen zwar in gedämpftem Tone, doch un-
überhörbar das Wort geredet. Preußens verspätet und allein aufgenommener Kampf
gegen Napoleon nach dem Separatfrieden von 1795 in Basel bietet eine auch bei den
Lesern willkommene Zielscheibe für ironische Spitzen. Eine durchaus verständliche
Position des "Hausfreunds", denn als süddeutsche "Rheinbund-Macht" war das
Großherzogtum Baden den Preußen nicht sonderlich zugetan. Vorbei die Zeit, als
Friedrich der Große von Preußen und Markgraf Karl Friedrich von Baden in einem
"Deutschen Fürstenbund" zueinander gefunden hatten: Bonaparte heißt der neue
Herr!

Überraschend dann doch Hebels eigene Anmerkung, wenn er allen in die Kriege gegen
Napoleon verwickelten Mächten 1808 anrät, wie Schweden (!) nach einem möglichst
kurzen Gefecht "mit dem Feind" (!) Waffenstillstand zu schließen.

Die Parteinahme Hebels für Bonaparte und die "Rheinbund-Politik" der badischen
Regierung in der Kalendergeschichte "Der Kommandant und die badischen Jäger in
Hersfeld" ebenso wie in den historisierenden Berichten "Der Brand von Moskau" und
"Reise nach Paris" bedarf keiner raffinierten Exegese.

Insbesondere am Beispiel der Einwohner von Hersfeld ist Hebel ohne Zweifel bemüht
, dem "geneigten Leser" echte Gedankenhilfe zu leisten und ihm eindringlich darzustellen
, daß Widerstand gegen Napoleon ebenso unsinnig wie schmerzhaft sei. So
läuft fast zwangsweise den elogenhaften Sympathiekundgebungen für die ausschließlich
französischen Kriegszielen dienenden "Rheinbund"-Soldaten im "Rheinländischen
Hausfreund" eine ebenso unverblümte Befürwortung der napoleonischen Expansionspolitik
und des französischen Hegemoniestrebens in Deutschland und Europa
zur Seite: "Der französische Kaiser konnte es nicht geschehen lassen,... daß auch hinter
ihm (=in Deutschland) Feindseligkeiten ausbrachen, während er mit einem zahlreichen
Feind im Angesicht kämpfte...", schreibt Hebel 1808 in seinem Kalender.

Für den Politologen sind diese Sätze klar zuordenbar: Die Schaffung neuer politischer
Verhältnisse als stärkste Konsequenz militärischer Macht und Gewaltandrohung

- wie im Falle Hessens, das von Napoleon nach Kriegshandlungen besetzt worden war,

- stellt Hebel mit keinem Wort in Frage. Der französische Kaiser ist im Recht, auch als
Strafender. Den Hersfelder Bürgern billigt er nicht einmal ein Recht auf Widerstandsleistung
gegen das "gesetzlose" Recht des Stärkeren zu. Wie wenig Sinn für politische

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