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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 131
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0133
Ins Auge fällt, daß der Kalendermann sich bei Ruhmesbezeugungen des Schlachtengottes
Napoleon stets gemessen ausdrückt und das militärische Genie Bonapartes vor
seinen Lesern nie allzu vollmundig besingt. Weggelassen wird das kriegerische Element
in der Personenbeschreibung des Korsen ebensowenig. So erweist sich trotz aller Vorliebe
Hebels für den "bunten Rock" zur Fixierung der politischen Weltanschauung des
Kalenderredakteurs ein solcher "Tatbestand" als nicht ausreichend: Militaristisches
Gehabe und eine an solchen Werten sich orientierende "bonapartistische Weltanschauung
" bejaht der Kalendermann zu keinem Zeitpunkt: Der märchenhafte soziale Aufstieg
zum französischen Reichsbaron "Christian Kuhmann, des geneigten Lesers
Landsmann", beginnt lange Zeit vor dem Konsulat Bonapartes.

Dem Verdacht einer Anhängerschaft an die totalitäre Ideologie des Bonapartismus
kann Hebel trotz all seiner Schwäche für absolutistisch-autoritäre Herrschergestalten
nicht ohne Unlauterkeit ausgesetzt werden. Hebel freut sich über die steile Karriere
des Christian Kuhmann, ohne vom Einzelfall auf das Allgemeine zu schließen und etwa
Napoleon ein besonders gutes Zeugnis im Hinblick auf den Umgang mit seinen nichtadeligen
Untertanen auszustellen.

4. Bündnistreue bis zuletzt

Nach Napoleons mißglücktem Rußland-Feldzug begann sich im unterworfenen
Deutschland der erste politische Widerstand gegen die Besatzungsmacht Frankreich zu
regen.

Nicht so der Jahreskalender des "Rheinländischen Hausfreunds" in Karlsruhe. Hier
blieb alles ruhig bis zuletzt. In den "Weltbegebenheiten" stellt der Kalenderredakteur
seinen "geneigten Lesern" die Ent- und Verwicklungen der napoleonischen Politik dar.
Man darf hier getrost sagen, daß der Kalendermann kein besonderes Gespür für politische
Trends oder gar eine radikale Wende in seiner Kolumne an denTag legte.

Ohne Scheu weist Hebel im '"Brand von Moskau" dem russischen Zaren die moralische
Schuld an diesem Krieg zu, der im Verbund mit "General Winter" unter dem badischen
Expeditionskorps schreckliche und zahllose Opfer forderte. Napoleon, der Invasor
und Unterlegene, wird vom Kalendermann gegenüber seinen "geneigten Lesern"
durch Schweigen geschont. Ob nur vom Kalenderredakteur so gewollt oder von der badischen
Regierung so verlangt, muß dahingestellt bleiben.

Überraschend dann, daß Hebel, der seinem badischen Landesherm treu ergeben
war, sich trotz der äußerst strengen Zensur in jener Zeit doch als Anspielung auf die gegenwärtige
politische Lage die "Brassenheimer Siegesnachrichten" erlaubte, später sogar
noch den zum nationalen Befreiungskrieg gegen Napoleon aufrufenden "Mahnruf
an den Vetter", der allerdings nie unter die Leute kam. Hebel wußte auch politischen
Freiraum zu nutzen!

In der politischen Wirklichkeit der badischen Regierung war dies alles nur "Minderheitenpolitik
". Mehrheitlich blieb man Napoleon und seinem sinkenden Stern weiterhin
freundlich gesinnt. Erst am bitteren Ende der "Reise nach Paris" - bezeichnenderweise
spricht Hebel von einer "Reise nach Paris" und nicht etwa von der "Eroberung
des napoleonischen Frankreich" - eröffnet der Kalendermann seinem "geneigten Leser
" das Ende der napoleonischen Vorherrschaft in Europa und findet sogar einen ver-
söhnlichenTon und Ausklang für Napoleon nach all den Kriegsjahren!

Zuletzt läßt es sich der "Bildermann" nicht nehmen, den "Kaiser Napoleon" mit einem
herzlich-rührselige Stimmung verbreitenden und gleichzeitig wiederum weltge-

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