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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 133
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0135
Emstgemeint und ernstzunehmen war in erster Linie die Außenpolitik des Großherzogs
von Baden, Hebels Landesherrn. Dieser Politik war im Innern durch publizistische
Tätigkeit Hilfestellung zu leisten. Auch die Zensur scheint eine bedeutendere
Rolle in jener Zeit gespielt zu haben als angenommen. Darauf wies bereits K. Oettin-
ger31 ausführlich hin. Von einer "Gleichschaltung der Presse" nach moderner Auffassung
kann sicherlich nicht gesprochen werden, doch achtete der französische Gesandte
am badischen Hof peinlich darauf, daß die öffentliche Meinung in Baden in einem für
Napoleons und Frankreichs politische Absichten positiven Sinn beeinflußt und informiert
wurde. Presserechtlich entsprach die Lage im Großherzogtum durchaus der in
der französischen Metropole, wo unter Aufsicht des berüchtigten Polizeiministers
Fouche die inhaltliche und numerische Vielfalt der Publikationen von Jahr zu Jahr in
ein ideologisch engeres Konzept gepreßt wurde. Von dieser Warte aus wäre für die
"Weltbegebenheiten" im Kalender eine neue Überprüfung fällig.

Es steht außer Zweifel, daß das Großherzogtum Baden die geographische Nähe zu
Frankreich als ein wesentliches Kriterium für die Gewichtung seiner Außenpolitik darstellte
. Und der "Hausfreund" mochte dieser als "Appeasement-Politik" gegenüber
dem französischen Eroberer apostrophierten Linie des Hauses Baden getreulich folgen
, wie es eben seinem Temperament und seinem Charakter entsprach.

Doch spricht auch die Vernunft selbst, nicht nur Hebels Charaktereigenschaften für
eine solche Politik des "Stillhaltens" gegenüber einem übermächtigen Feind. Hebel zumindest
war davon überzeugt, denn noch in seinem Aufruf zur Völkserhebung gegen
Napoleon im Jahre 1814 gibt er seiner Freude Ausdruck, daß bisher alles gut gegangen
sei, die "Appeasement-Politik" das Land Baden vor größeren Opfern an Menschen
und Materialien bewahrt habe.

Wahrhaftig mag sich da der gläubige Christ, der evangelische Pfarrer und Professor
für christliche Dogmatik in Hebel gefreut haben, daß dem Land viel Blutvergießen und
menschliche Not erspart geblieben waren.

Und zu dieser positiven Abschlußbilanz - trotz der enormen Verluste an Soldaten in
Rußland und Spanien - hatte Hebel mit seinem "Kalender der Rheinländischen Hausfreundschaft
" beitragen wollen. Insofern "stand" auch Hebel hinter dem, was er
schrieb. Doch die maßgeblichen politischen Richtlinien waren letztlich nicht von Hebel
erlassen worden, sondern galten für den Redakteur in strengerem Maße noch als für
die anderen "Landeskinder". Die gegen Hebel in diesem Zusammenhang erhobenen
Vorwürfe und Abqualifizierungen wie "Obrigkeitshörigkeit" und "Untertanenmoral"
treffen ihn unverdientermaßen, denn einem unmenschlichen Regime - dies gilt es zu bedenken
- hat der "Hausfreund" nicht gedient.

Anmerkungen

1) Walter Benjamin. Gesammelte Schriften. Bd. II und III

2) Robert Minder. Hebel, der erasmische Geist

3) K. Oettinger. Ein Beispiel, bei dem man Gedanken haben kann

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