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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 151
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0153
Bild seiner Schwester in MarkgräflerTracht (von 1928) oder "Die Regenwolke" (ebenfalls
von 1928).

Dazu kamen dann während des Krieges zwei weitere Bilder, von denen mich als Soldat
die "Heimkehr" jahrelang in der Brieftasche begleitet hat. wie übrigens verschiedene
meiner Kameraden auch, und "Mutter und Kind", das ich als Verwundeter im
Sommer 1944 in der Großen Deutschen Kunstausstellung in München betrachten
konnte. Ersteres zeigt einen aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten, der. den Helm
zur Seite gelegt, kniend seinen Kopf in den Schoß einer weißgekleideten Frau gebettet
hat. die. leicht über ihn gebeugt, noch nicht wagt, sein Haupt zu streicheln. Dieses Bild.
1940 in der Großen Deutschen Kunstausstellung vorgestellt, ist als Kriegsbild verstanden
worden, obwohl es schon 1936. also lange vor dem Krieg, gemalt worden war. und
zwar in Erinnerung an sein eigenes Kriegserlebnis (Bühler war von 1914 bis 1917 während
des 1. Weltkrieges Soldat gewesen). Für mich war dieses Bild eine Brücke zur Heimat
, deren Landschaft seinen Hintergrund bildet, und entsprach meiner Sehnsucht
nach Frieden und Geborgenheit. Zugegeben, ich habe damals die gewisse Süßlichkeit,
die in dem Bild steckt, nicht gespürt - im Gegensatz zu heute, nachdem ich an vielen anderen
Bildern uns bis dahin vorenthaltener Maler meinen Blick hatte schärfen können.

Und das Bild "Mutter und Kind"? Es ist so ganz anders als die damals üblichen dieses
Themas. Nicht die von Gesundheit strotzende Mutter, die ihrem rosigen Säugling die
Brust gibt oder ihren Strampler auf den Knien tanzen läßt, sondern eine tiefgebeugte
junge Frau-im fast schwarzen Mantel, den Blumenkranz, der wohl dem Andenken an
ihren gefallenen Mann gewidmet ist. in der rechten Hand, indes die linke spannungslos
herabhängt. Ihr gegenüber auf blumigem Rasen das blonde Kind, nackt, das an der
Mutter vorbei nach oben blickt, zu einer Art Gralsburg hinauf, die wohl für die Zukunft
des jungen Menschen steht. Beide Gestalten sind gefaßt von dem typischen bühler-
schen Himmel mit den zerrissenen und doch sonnendurchstrahlten Wolken über der heroischen
Stromlandschaft: Trauer und Aufblick zugleich.

Fazit

Ich war also ein "Liebhaber" der Bühlerschen Malerei, und dies ohne zu ahnen,
welche Irrwege Bühler als "Kulturpolitiker" gegangen war. Als ich zuerst von diesen
erfuhr, sträubte ich mich, das Gehörte/Gelesene zu glauben, weil ich sie mit dem
Bild, das ich mir von dem Maler gemacht hatte, nicht in Übereinstimmung bringen
konnte. Aber dann wurde mir allmählich klar, daß ich mit Bühler eines der typischen
Beispiele für die Verstrickung der Menschen ins Inhumane durch den Nationalsozialismus
vor mir hatte. Ein Beispiel, wie Schönes und Gutes verquickt war mit Hybris
und Unduldsamkeit. Ein Beispiel, das zeigt, wie vielschichtig die Dinge damals oft
lagen: Da ist einerseits der überhebliche Akademiedirektor, der seine bisherigen
Kollegen "in die Wüste schickt", und andererseits der humane Maler, der eine Jüdin
vor der drohenden Verhaftung, die ja damals eine Art Todesurteil bedeutete. schützt
(s. Scaruppe S. 69!). Da ist der Sammlungsleiter, der voller Intoleranz die Werke damals
nicht "genehmer" Maler als "kulturbolschewistisch" anprangert und eliminiert
, und andererseits der religiöse Denker-Maler, der einen großartigen Hiob oder
einen eindrucksvollen Christopherus malt. Und damit, so meine ich. haben wir ein
Beispiel, an dem die junge Generation erkennen kann, wie das damals "eigentlich"
war.

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