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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 2.1988
Seite: 174
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-02/0176
Ein Wiedertäufer als Vogt
und Mitglied des "Engeren Ausschusses"

Christian Martin Vortisch

Im Jahre 1582 erfahren wir von einem Lörracher Stabhalter und Mitglied des "Engeren
Ausschusses" der Markgräfler Landschaft. Als Mitglied dieses Ausschusses hatte er
Anspruch auf die Anrede "Herr", auch wenn sich seine Eigenschaft als Leibeigener
durch diese Wahl nicht geändert hatte. In diesen "Engeren Ausschuß" der Landschaft
wurden nur die angesehensten und mutigsten Männer gewählt. 1593-1602 wird dieser
gleiche Mann, ein Metzger, auch als Vogt von Lörrach genannt. Bei seinemTod 1603 ist
er namentlich im Lörracher Kirchenbuch erwähnt worden. Es war German Bertschi,
den der Pfarrer schlicht, aber vielleicht auch traurig, einen "Wiedertäufer" nannte,
ohne daß er irgendein böses Wort gebrauchte, wie es sonst meist der Fall war.

Der Name Bertschi läßt darauf schließen, daß die Familie schweizerischer Herkunft
war; Belege für diese Vermutung gibt es freilich nicht.

Dieses Beispiel zeigt, wie hoch die Wahl eines Mannes in das Stabhalter- undVogtamt
galt. Als Mitglied des "Engeren Ausschusses" hatten sie mit dem Markgrafen zu beraten
. Die bekannte Britzinger Chronik des Vogtes Kaltenbach belegt auch, daß es in
manchen Fällen nicht allein bei solchen Beratungen blieb, sondern daß Markgrafen,
wie der fromme Georg Friedrich, es nicht verschmähten, auf ihren Reisen zum Hof in
Basel bei ihnen gut bekannten Vögten anzukehren und das Gespräch mit ihnen zu pflegen
.

Leute, die in solche Ämter gewählt wurden, waren offenbar unantastbar. Mut war
von ihnen verlangt, und wenn sie davon Gebrauch machten, waren sie auch sicher. Einen
anderen Schluß läßt dieses Beispiel nicht zu.

Im Anhang der Lörracher Chronik von 1982 (S. 683) wurde in einem ungezeichneten
Text zur Liste der bekannten Vögte von Lörrach folgende Ansicht vertreten:

"Der Vogt war das letzte Glied im monarchischen Aufbau der Landesherrschaft. Es
wurde vom Landvogt, dem unmittelbaren Vertreter des Landesherrn, ernannt..." usw.

Dieser Wortlaut ist widersinnig und läßt jede Kenntnis nicht nur der Urkunden, sondern
auch der einschlägigen Literatur vermissen:

L allgemeiner Art. Genannt sei nur Otto Brunner: "Land und Herrschaft", der das
Problem der dualen Herrschaftsformen für Österreich schildert, mittlerweile etwa in einem
Dutzend von Auflagen (oder mehr),

2. besonderer Art, die sich mit den entsprechenden Verhältnissen in unserm Land befaßt
.

Vor allem aber schließt diese Behauptung von der heutigen Übung, die nur die historische
Gewohnheit der Vorstellung insbesondere von Behördenchefs durch den vorgesetzten
Beamten übernommen hat. auf die historische Übung, das gleiche getan zu haben
. Das aber war - in Zeitaltern ohne Massenmedien - einfach ein Zwang der Verhältnisse
: Man konnte sich ein neues Gesicht, eine unbekannte Persönlichkeit, nicht anders
vorstellen als eben persönlich. Das galt für die geistlichen wie die weltlichen Behördenchefs
gegenüber der Gesamtheit der Untergebenen, das galt aber ganz zuvörderst den
in den Gemeinden Gewählten, die dadurch auch mit der entsprechenden Autorität ausgestattet
sein mußten. Sie waren ja durch eine Mehrheit der Gemeinde Gewählte, aber
auch die Minderheit mußte sich diesem Votum beugen.

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