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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 64
(PDF, 33 MB)
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völkerung zu schützen, wurden diese in Schutzhaft genommen und am Abend abtransportiert
. Hoffentlich werden wir bald für immer von diesen Hebräern befreit."3'

Das ist die Stimme des Meinungsbildungsorgans, der Presse, die in dieser Zeit gelenkt
und ohne Freiheit war, abhängig von einer Hierarchie fanatischer, ideologisch geschulter
Propagandisten, an deren Spitze Dr. Josef Goebbels stand.

Zuvor undTage danach stand in eben dieser Zeitung in großen Lettern:

"Verbrecher am Frieden Europas"
"Jüdische Mordtat in der deutschen Botschaft in Paris"
"Das neueste Attentat des Weltjudentums"
"Jüdische Mordbanditen"

"Daß Maß ist voll! Das deutsche Volk fordert Sühne für den neuen Mordversuch"
"Empörung über die Mordtat des Weltjudentums"

"Das Judentum hat in Paris auf das deutsche Volk geschossen"4' Ein Leitartikel war
überschrieben: "Die Stimme des Volkes". In ihm heißt es:

"Die Stimme eines ganzen Kulturv olkes, die in den spontanen Aktionen dieserTage
als vorauszusehende, unausbleibliche, überhaupt nur noch einzig mögliche Antwort
zur Geltung kommt, trägt den Charakter einer ernsten Warnung an die ganze Welt. Die
unendliche Geduld unseres Volkes den Verbrechern des Weltjudentums gegenüber ist
nunmehr erschöpft.

Die deutsche Langmut ist am Ende. Mehr an jüdischen Herausforderungen kann einem
Volk nicht zugemutet werden. Deshalb erfüllt sich in diesen Tagen am Judentum
nur ein von ihnen selbst frech herausgefordertes verdientes Schicksal. Jede Schuld erfordert
Sühne. In diesem Falle ist die Stimme des Volkes die Stimme des Gerichts. "ol

Wie diese angebliche Stimme des Volkes in Lörrach sprach, wird deutlich aus der Anklageschrift
der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 22. Januar 1947.

Staatsanwalt Dr. Gulden formulierte:
"Am 9. November 1938, etwa zwischen 9 und 10 Uhr vormittags rottete sich unter Führung
des K.G., des SS-Sturmbannführers O. und des SA-Sturmbannführers H. eine
kleine Gruppe besonders zuverlässiger Parteianhänger, in der Hauptsache SA-Angehörige
, zumTeil in Uniform, vor der Synagoge in Lörrach zusammen, verschafften sich
gewaltsam dadurch, daß R.G. mit einem Hammer die Haupttüre zur Synagoge einschlug
, Eingang zur Synagoge und zertrümmerten gemeinsam das Innere der Synagoge
. Unter großemTumult wurde ein Volksaufstand in Szene gesetzt und mit etwa 30
- 40 Personen die Kronleuchter zerstört, Bänke umgeworfen und von der Empore heruntergeworfen
, der Altar zertrümmert. Inschriften beseitigt und die steinerne Gebetstafel
am Eingang zur Synagoge herausgerissen.

K. undT. gingen soweit, daß sie herumliegende Teppiche und Holzstücke in Brand
setzten.

Diese Maßnahme geschah auf Veranlassung der Gauleitung der NSDAP in Karlsruhe
, die den R.B. in denVormittagsstunden fernmündlich anrief, während B. den Auftrag
an G. weiterleitete und diesen veranlaßte, die Tat durchzuführen."6'

Was sonst in Lörrach geschah, findet sich in einem Bericht des Kampfblattes der Nationalsozialisten
Oberbadens "Der Alemanne" über die "Spontanen Kundgebungen
im ganzen Reich als Antwort auf die Pariser Mordtat". Hier heißt es:
"Ebenso fiel die Lörracher Synagoge der gerechten Volkswut zum Opfer. Das einzige
in Lörrach noch bestehende jüdische Ladengeschäft wurde mit dicker Aufschrift in roter
Farbe als jüdisches Unternehmen gekennzeichnet. Die Juden selbst mußten vor
dem Ausbruch des Volkszorns in Schutzhaft genommen werden."7'

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