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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 66
(PDF, 33 MB)
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Dementsprechend handelten sie. Die Gauleiter verständigten fernmündlich ihre
Dienststellen und wiesen sie an, mit Aktionen gegen Synagogen, jüdische Häuser und
Geschäfte loszuschlagen. Kurz danach forderten auch die SA-Führer ihre Gruppen zur
Aktion auf. Die Staatspolizeileitstellen erhielten durch Blitz-Telegramme Weisung, sich
nach den Wünschen der Gaupropagandaämter zu richten. Plünderungen zu verhindern
, bei Bränden dafür Sorge zu tragen, daß die Feuerwehr lediglich die nichtjüdischen
Gebäude schütze. Die Staatsanwaltschaften wurden veranlaßt, "keine Ermittlungen
in Angelegenheiten der Judenaktionen vorzunehmen. "10)

Der organisierte Mob schlug zu und tobte sich aus. Der Pogrom rollte über Deutschland
hinweg, in Stadt und Land. Provokateure und Scharfmacher heizten die Stimmung
an. Und es gab nicht wenige. die sich mit Lust und Liebe am Zerstörungswerk beteiligten
. Goebbels antisemitische Propaganda, Streichers wüste Schauermärchen und
Himmlers Rassenpolitik trugen ihre Früchte und schufen eine Szenerie, die alle Merkmale
einer Massenpsychose hatte. Doch nirgends wandte sich das Volk aus eigener Initiative
gegen seine jüdischen Mitbürger. Immer - wir sahen es am Beispiel Lörrach -
mußten Partei und SA Beispiel geben, organisieren, lenken, leiten, wie die Notiz aus
Lörrach belegt.

Dennoch erklärte der Initiator Dr. Goebbels am 12. November im "Völkischen Beobachter
":

"Es liegt auf der Hand, daß eine Nation von 80 Millionen derartige Provokationen nicht
stillschweigend und wehrlos hinnehmen wird. Nach der Ermordung Gustloffs hat das
deutsche Volk geschwiegen. Nach dem Tode des Gesandtschaftsrats vom Rath ist es
ganz spontan zu Vergeltungsaktionen gegen die Juden in Deutschland geschritten. Der
eruptive Ausbruch der Empörung der Bevölkerung in der Nacht vom 9. zum 10. November
ist daraus zu erklären und zeigt nur. daß die Geduld des deutschenVolkes nunmehr
restlos erschöpft ist...

Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Reaktion des deutschenVolkes auf den feigen
Meuchelmord in Paris eben durch die ruchlose Gemeinheit dieser Tat erklärt werden
muß. Sie wurde weder organisiert noch vorbereitet, sondern sie brach spontan aus
der Nation heraus...

Die deutsche Staatsführung hat nichts unversucht gelassen, die Reaktion im deutschen
Volk auf das feige Attentat in kürzester Frist abzustellen. Das deutsche Volk hat
dem Gebot der Regierung willig und diszipliniert Folge geleistet. In Stundenfrist sind
Demonstrationen und Aktionen zum Schweigen gebracht worden."111

Zuvor hatte Goebbels in einem Aufruf bereits erklärt:
"Die endgültige Antwort auf das jüdische Attentat in Paris wird auf dem Wege der Gesetzgebung
bzw. der Verordnung dem Judentum erteilt werden."12'

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Schon am 12. November 1938 erließ der
Beauftragte für den Vierjahresplan. Hermann Göring. die "Verordnung über eine Sühneleistung
der Juden deutscher Staatsangehörigkeit". Sie legte den deutschen Juden
eine Kontribution von 1 Milliarde Reichsmark auf.

Eine 2. Verordnung legte fest:

"Alle Schäden, welche durch die Empörung des Volkes über die Hetze des internationalen
Judentums gegen das nationalsozialistische Deutschland am 8.. 9. und 10. November
1938 an jüdischen Gewerbebetrieben und Wohnungen entstanden sind, sind
vom jüdischen Inhaber oder jüdischen Gewerbetreibenden sofort zu beseitigen.

Versicherungsansprüche von Juden deutscher Staatsangehörigkeit werden zugunsten
des Reichs beschlagnahmt".L,)

In weiteren Verordnungen wurden die Juden aus dem Wirtschaftsleben ausgeschal-

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