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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 90
(PDF, 33 MB)
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Und in der letzten Strophe heißt's ermahnend:

Steht da, und hat nicht Ruh noch Rast,
Und wird da ewig stehen.
Schlaf, wenn du ausgeschlafen hast,
Sollst du auch Kunze sehen.

Und nun denken wir natürlich unwillkürlich an Hebels "Ma im Mond", das Hebel
gut 30 Jahre später geschrieben hat. Daß Hebel die Werke von Matthias Claudius
kannte, beweist u.a. sein "Gutachten über die Frage, wie dem Gebrauch anstößiger
Volkslieder am sichersten vorzubeugen sein möchte" - nämlich durch Erziehung, Belehrung
und Behandlung den Charakter und den Geschmack des Volkes zu erheben
und zu veredeln (gilt auch heute!) - ein Gutachten, in dem Hebel zu den guten Liederdichtern
auch Asmus zählt; und Asmus ist kein andrer als Matthias Claudius. Und doch
möchte ich, beide Gedichte nebeneinander haltend, nicht von einem Plagiat sprechen,
vielmehr die Frage offen lassen, ob Hebel das "Wiegenlied" von Claudius überhaupt
gekannt hat. Viel Stoff, den Hebel in seinen Kalendergeschichten verarbeitet hat, geht
ja auch auf andernorts kursierende Erzählungen zurück - ohne Quellenangabe. Jeremias
Gotthelf hat in seiner historischen Novelle "Der Knabe desTell" Friedrich Schiller
auch mit keiner Silbe erwähnt, obwohl er Schillers "WilhelmTell" gelesen haben muß.

Das primäre Anliegen aller drei bestand im Belehren, Ermahnen und Aufklären, wobei
wir auch schon bei einer der diversen Gemeinsamkeiten wären: der Theologie.
Claudius studierte in Jena, gab das Theologiestudium jedoch wegen des damals, d.h.
um 1750 aufkommenden Rationalismus - auch in der Theologie - auf, studierte Jurisprudenz
und Geschichte und nahm lebhaft Anteil am literarischen Leben in der "Deutschen
Gesellschaft"; Hebel studierte in Erlangen und Albert Bitzius, Pfarrerssohn wie
Claudius, in Bern und Göttingen. Während der streng bibelgläubige Claudius als Laientheologe
bis ins Alter einen unentwegten Kampf gegen Aufklärung und Rationalismus
führte, z.B. in "Einfältiger Hausvaterbericht über die christliche Religion an seine
Kinder Karoline, Anne, Auguste,Trinette, Johannes, Rebekka, Fritz, Ernst und Franz
(9 an der Zahl!) - nach der heiligen Schrift" und seine Ausführungen mit zahlreichen Bibelstellen
untermauerte, sind Hebel und Gotthelf im Zeitalter des Rationalismus aufgewachsen
und in diesem Geist auch theologisch geschult worden. Das zeigt sich z.B.
in den "Biblischen Erzählungen", wo Hebel das Wunder im Bericht über Elias und die
Witwe von Sarepta (1. Kön. 17) kommentierte mit denWorten: "Es ist wohl zu glauben,
daß es gute Menschen aus der Nachbarschaft waren, welche der armen Frau so viel zum
Unterhalt des Propheten zutrugen, daß sie und ihr Kind auch davon zu leben hatten."
Für Wunder Jesu im NeuenTestament, z. B. die Auferweckung des Lazarus - "ein herrliches
Werk der göttlichen Allmacht" betont Hebel - suchte er jedoch keine "vernünftige
" Erklärung. Und wenn er im Aufsatz "Der Ackerbau, eine vorzügliche Schule der
Religiosität" den Ackerbau lobt, "weil diejenigen, welche sich mit ihm beschäftigen,
mit den mannigfaltigsten und erhabensten Denkmalen des Daseins und der Vollkommenheiten
des Unendlichen öfter und näher als Andere umgeben sind", dann deckt
sich das weitgehend mit Gotthelfs immer wieder bezeugter Auffassung, daß Gott auch
in der Natur zu erkennen sei; so im Vorwort zum überaus anschaulich und drastisch geschilderten
Bericht über "Die Wassernot im Emmental am 13. August 1837", wo er
schreibt: "Aber noch weilt bei vielen der Glaube, das Anschauen der Natur führe von
Gott ab, Gott rede nur in seinem geschriebenen Worte zu uns." In der schrecklichen
Überschwemmung erkennt jedoch Gotthelf "die Stimme Gottes, welche zu uns redet
in Schnee und Sonne, bei heiterem Himmel und im Dunkel der Gewitter-

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