http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0123
Die Falkner kennen je nach eingesetzter Beizvogelart die Jagd mit dem "niederen
Flug" und die Jagd mit dem "hohen Flug". Die erstere dient der Erbeutung von am Boden
lebendem Haar- und Federwild, die letztere früher der Jagd auf Rabenvögel. Graureiher
und Enten. Heute wird die Beizjagd nur noch auf Kaninchen. Fasanen undTau-
ben ausgeübt.
Die Falknerei als privilegiertes Vergnügen des Hochadels wurde im Zuge der Französischen
Revolution abgeschafft. Die Tradition dieser alten Jagdart wird heute in
Deutschland durch den Deutschen Falkenorden (DFO) weitergetragen. Die dort zusammengeschlossenen
Falkner verpflichten sich zu geordneter Jagdausübung im Sinne
des Tier- und Artenschutzes und verwenden auch keine Beizvögel von nichtlegitimer
Herkunft, sondern decken ihren Bedarf durch gezielte Nachzuchten.
Eine verabscheuungswürdige Fehlentwicklung stellen die gelegentlich anzutreffenden
"Falkenhöfe" dar. die gegen Entgelt Greifvögel ausstellen und vorführen. Dies hat
nichts mit Falknerei zu tun.
Auf das Hochwild wurde im ausklingenden Spätmittelalter eine andere schon lange
bekannte Jagdform regelrechte Mode: die verfolgende Reitjagd mit dem von Hunden
begleiteten berittenen Jäger. Es war die Fortsetzung der Reitjagd, wie sie am fränkischen
Hof betrieben wurde und auch schon bei den Galliern getätigt worden ist. Diese
Vorläufer entwickelte man nun zur Perfektion und nannte sie Parforce-Jagd (=Jagd
mit Gewalt). Sie breitete sich im Zeitalter des Absolutismus über ganz Europa an alle
Fürstenhöfe aus. Gebirgige Regionen - wie die unserige - waren dazu nicht sonderlich
geeignet. Parforce-Jagden fanden denn auch vornehmlich in wenig beschwerlichem
Gelände statt, gelegentlich wurde sogar die Landschaft in der Nähe der Schlösser für
diesen Zweck parkähnlich umgebaut. (Abb. 6)
Bei der Parforce-Jagd wurde eine Hundemeute in mühevoller Kleinarbeit in der Regel
auf einen einzigen Hirsch geprägt, und diese "lancierten" ihn bei der Verfolgungsjagd
in eine bestimmte Richtung zu den wartenden berittenen Jägern. Diese wiederum
hatten die Aufgabe, den flüchtigen Hirsch zu verfolgen und dabei in eine festgelegte
Richtung zu dirigieren. In bestimmten Abständen dieses Fluchtweges warteten für die
Jagdteilnehmer frische Pferde und neue Hunde, um die Hetze fortzusetzen. Der
Hirsch wurde dabei u.U. stundenlang entlang der festgelegten Bahn gehetzt, bis er sich
von Kräften endlich den Hunden stellte. Von den Hunden umringt, wurde er durch den
Jagdherren oder einen vorher bestimmten Ehrengast mit dem Hirschfänger getötet.
Unter Ludwig XIV. wurde die Parforce-Jagd besonders kultiviert, doch in Deutschland
hat sie nie die Bedeutung erlangt wie in Frankreich. Für den Jagdteilnehmer war
sie eine schwere körperliche Anstrengung, und die Organisation erforderte einen immensen
Aufwand an Hunden. Pferden und Personal. Die Bauern haßten diese Jagd be-
sonders, weil sie in der Regel starken Flurschaden auf den Feldern anrichtete. Hinzu
kamen die hohen Frondienste ohne Entgelt. Daher entzündete sich immer wieder anläßlich
solcher Jagden sozialer Unfriede, der nicht selten der Beginn von Bauernaufständen
war.
Die Aufklärung und jene bäuerliche Unzufriedenheit waren es schließlich, die die
Parforce-Jagd zu Gunsten des "Eingestellten Jagens" langsam ablösten. Das eingestellte
Jagen bedurfte aber auch langer und zum Teil noch aufwendigerer Vorbereitungen
. Zunächst mußte der Ort festgelegt werden, an dem das zusammengetriebene Wild
zusammengeschossen oder besser abgeschlachtet werden sollte. Dort wurde die sogenannte
"Kammer" eingezäunt, in deren Zentrum das "Lusthaus" errichtet wurde, von
dem aus die hohen Herrschaften ihre Schießwut befriedigen konnten. Die Kammer bestand
in der Regel aus einem geräumigen und nur von wenigen Bäumen bestandenem
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