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schriebenen Gedichtbänden liegt auf der Hand. Auch hier gibt es 'Schneeglöckchen
und 'Frühlingsseligkeit', es gibt aber auch "Neues Leben und 'Neues Glück', gibt 'Ermunterung
'. "Vertrauen und Hoffen", 'Sonnenschein' und 'Nebelmorgen', 'Frischer
Schnee* und 'Winterschönheit'. Freilich, so originell wie die Mundartgedichte können
diese Verse nicht sein. Zwar meidet Raupp billige Klischees und allzu üppige Sentimentalitäten
, doch die Zeitverhaftetheit solcher Lyrik ist nicht zu übersehen.
Abendgruß
Der Abend kam im Feierkleid,
Geschmückt mit roten Rosen.
Das Haupt von goldnem Glanz bestreut.
Zu mir. derruFriedelosen.
Der Abendstern
Du rufst mir, holder Abendstern?
Kann deinem guten Wort nicht folgen!
Muß hier auf Erden meilenfern
Noch wandern unter dunklen Wolken.
'Im innern Heiligtum' beschäftigt sich mehr mit religiösenThemen (u. a. Advent- und
Weihnachtsgedichte, 'Palmsonntag', 'Karfreitag', 'Pfingstbitte'. ferner Gedichte aus
seinen Pfarrerfahrungen). Doch verhält es sich nicht so, daß das Irdische in diesen Versen
nur unterdrückt würde:
Heimat
Die Welt ist weit -, auf tausend Wegen
Lockt sie dich liebevoll hinaus.
Du gehst mit Lächeln ihr entgegen
Und wagst mit Lust den Lebensstrauß.
Der Geist darf nicht auf Erden bleiben:
Die weite Welt ist ihm zu klein!
Er fühlt ein Drängen und einTreiben,
Fern über aller Welt zu sein.
Dort ist das Ziel, das alles Sehnen
Der Menschenbrust gefangen hält.
Jenseits von Kampf und Not und Tränen.
Dort sei auch deine wahre Welt!
Es wäre zu vereinfachend, in solchen Rauppschen Gedichten gewissermaßen einen
'Wanderer zwischen beiden Welten' erkennen und festhalten zu wollen. Doch das 'Wohin
? -Wir wandern ruhelos auf Erden. /Es leidet uns an keinen Ort...' beschäftigt ihn
unentwegt. Nicht daß es zwischen seinem Mensch- und Pfarrersein zu einer Art Schizophrenie
käme - doch das Hin- und Hergerissensein verleugnet Raupp keineswegs, und
es zeigt sich damit auch sein Grüblertum hinter aller beschworenen irdischen und überirdischen
Harmonie. Freilich ist es seine Hauptaufgabe: zu trösten, zu heilen, das Lob
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