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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 1.1989
Seite: 171
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-01/0173
Hansjakob und der Dialekt

Helmut Bender

Wiederholt wurde ich - in heutiger Zeit durchaus verständlich - danach gefragt, wie
es denn Hansjakob mit dem Dialekt gehalten hätte. In unserenTagen der Mundart- und
Muttersprache-Förderung ist man ohnehin erstaunt, einen Volksschriftsteller mehr
oder weniger ohne Dialekt - zumindest in den Erzähldialogen - zu registrieren. Besonders
im oberalemannischen Raum wundert man sich auch darüber, daß sich über das
Verhältnis Hansjakobs zu Hebel eigentlich kaum etwas sagen läßt.

Die entscheidende Textstelle zur Dialektfrage findet sich in denTagebuchblättern 'In
der Karthause' (Stuttgart 1901). dort ist im Eintrag vom 4. Juli (1897) im Zusammenhang
mit der südfranzösischen 'Felibres'-Gruppe (das Provenzalische von den Troubadours
bis zu Mistral) von den "neuzeitigen Dialekt-Dichtern" die Rede, im Anschluß
daran resümiert Hansjakob: "Bei uns Süddeutschen kümmert sich kaum ein Mensch
mehr um den Dialekt. Da regt sich keine Katze für die Erhaltung und Wertschätzung
der Volkssprache. Im Gegenteil, in unseren Schulen. Amtshäusern. Gerichtshallen
wird derselben der Krieg erklärt und dieselbe verboten und verspottet. - Spricht einer
bei uns vor Gericht preußisch (= hochdeutsch), so hört der Amtsrichter andächtig zu;
redet aber ein Bauer in seinem Dialekt... so wird der Mann angeschnautzt und ihm zugeschrieen
, er soll "deutsch' sprechen. Als ob nicht die Sprache des Bauern ein älteres,
echteres Deutsch wäre als der 'norddeutsche Jargon' (wohl nicht rein philologisch gemeint
) ... Vernünftige Beamten sollten die Landleute auffordern, das, was sie vorzubringen
haben, in ihrem Dialekte zu sagen ...Von der heillosen majestätsverbrecherischen
Sitte mancher Volksschullehrer, ihren Kindern zu befehlen, vor Herrenleuten
hochdeutsch zu reden, kommt es her, daß Bauern, die in öffentlicher Stellung Reden
halten sollen, nicht zum Anhören sind ... Sie schämen sich zu reden, wie ihnen der
Schnabel gewachsen ist, weil man ihnen in der Schule sagte, die Volks-Mundart sei
'wüst'...". Hansjakob berichtete dann davon, daß manche Lehrer den Dialekt in der
Schule nicht dulden würden, weil dadurch die Rechtschreibung der Kinder gefährdet
wäre. Als Gegenbeispiel führt er die Schweiz und die Schweizer auf. die sich ausschließlich
in ihrem "urkräftigen, kerndeutschen "Schwyzer-Dütsch'" unterhielten: "Es wird
nun aber niemand zu behaupten wagen, die Schweizer könnten nicht richtig hochdeutsch
schreiben ... Auch gibt es bei ihnen keine so dummen Leute, die meinen, preußisch
und hochdeutsch reden mache den Mann und die Bildung aus (Hansjakob unterscheidet
leider nicht zwischen dem eigentlichen Hochdeutsch und den preußischen Dialekten
) ... sie (die Schweizer) achten sich selbst, indem sie ihre Muttersprache achten."

Es schließt hier noch eine Kontroverse "in eigener Sache an, die zwar nicht mit der
Mundart, wohl aber mit der Schreibart zusammenhängt": Hansjakob beklagt sich darüber
, daß der Verlag Bonz. der "seine litterarischen Sünden druckt", in seinen Büchern
- auch im hier vorgelegten Kartause-Band - "die neue, von den deutschen Ministerien
kommandierte, willkürliche Schreibart" exerziert, und er rechtfertigt sich: "Ich
schreibe wie immer und von jeher; der Verleger läßt aber während des Setzens die alte
in die neue Schreibweise übertragen, weil alle bei ihm erscheinenden Bücher neumodisch
gedruckt sind...". Bekanntlich vereinheitlichte die Rechtschreibekonferenz von
1901 im Dudenschen Sinn so manche bisher offengebliebene und von Fall zu Fall strittig
bzw. variabel gehandhabte Nuancen, selbstverständlich hatte sich das Verlagshaus
Bonz als größerer Verleger dieser Strategie sogleich angeschlossen.

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