http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-01/0046
Die "Balug' wollte die Flugplatzanlage mieten, um einen Luftverkehrshafen einrichten zu
können. Ende April besichtigte eine Ententekommission die Halle, und in Baden-Baden
glaubte man nach den ersten Aussagen, daß die Halle und der Platz erhalten bleiben konnten.
Mit der 'Balug* wurde ein Vertrag gemacht, und schon zum 1. Juli 1920 konnte der Betrieb mit
vier Flugzeugen aufgenommen werden. Die Luftschiffhalle hatte einen neuen Zweck zu
erfüllen.
Es blieb allerdings nur ein kleines Gastspiel. Schon bald durften die Flugzeuge nicht mehr
aufsteigen, und von der Interalliierten Luftüberwachung kam die Botschaft, daß die Halle
abgerissen werden mußte. Ein kleiner Hoffnungsschimmer bestand noch. Die Halle sollte
umgebaut werden, "daß sie für alle Zeiten weder für Unterbringung von Luftschiffen noch von
Flugzeugen benutzt werden kann". Das Hochbauamt der Stadt arbeitete in Windeseile ein
Projekt aus. Man wollte aus der Luftschiffhalle eine Pferdereithalle für Großveranstaltungen
machen und damit den Artikel 202 des Friedensvertrages umgehen. Doch es nützte nichts. Am
8. Februar 1921 kam der Brief des Reichsschatzministers, der anordnete, daß die Halle bis
spätestens 31. Juli abgebrochen sein mußte und man alle Knotenpunkte der Eisenkonstruktion
zu zertrennen habe. Die Stadt entschied sich notgedrungen, die Luftschiffhalle auf Abbruch zu
versteigern. Die Unternehmer überboten sich gegenseitig, denn mit dem Material war ein
Geschäft zu machen. Den Zuschlag bekam am 21. März 1921 die Firma Wassermann für
295 000.- Mark. Sie hatte elf Jahre vorher das Bauwerk erstellt. Das heißt, sie hatte die Halle
1910 an Ort und Stelle aufgebaut. Die Herstellerfirma war die MAN (Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg), Werk Gustavsburg bei Mainz. Die Lahrer Halle stammte von Fa.
Seibert, Saarbrücken. Diese Firma hatte in Baden-Baden seinerzeit auch ein Angebot vorgelegt
, das vom Stadtrat der Kurstadt aber als "erhebliche Verunstaltung des Landschaftsbildes"
abgelehnt worden war.
Am 25. April begannen die Abbrucharbeiten, am 8. August war die Halle schon auf
Eisenbahnwagen verladen. Ein Drittel wurde von der Firma Gebrüder Himmelsbach erworben
, die deshalb im Sommer 1922 das Bürgermeisteramt Auggen drängte, die Baugenehmigung
zu erteilen, beziehungsweise diese bei den übergeordneten Behörden zu erwirken. Der
Kreis schließt sich hier. Elisabeth Essner hat sicher recht, wenn sie die Auggen-Neuenburger
Halle als bemerkenswertes Unikat der Baugeschichte und der technischen Entwicklung
einstuft. Und man darf unterstellen, daß die Leser des "Markgräflerlandes" mehrheitlich der
Ansicht beipflichten, daß es sich hier um ein erhaltenswertes Denkmal handelt. Die Firma, die
sich seit Jahrzehnten mit der überdimensioniert hohen Halle zurechtfinden muß und für den
kostspieligen Unterhalt zu sorgen hat. steht dem Problem dagegen mit zwiespältigen Gefühlen
gegenüber. Robert Erhard, der Autor der Geschichte der Baden-Badener Halle, hält es wie
Elisabeth Essner für möglich, daß auch die restlichen Hallenteile anderwärts noch existieren
könnten, ohne daß deren Herkunft dort bekannt wäre. Dies könnte man theoretisch auch für
die Hallen Lahr und Mannheim annehmen, die 1920 von der Lahrer Eisenbaufirma Honnef
übernommen worden waren. Auch sie mußten "completely dismantled and removed'X völlig
zerlegt und abtransportiert) werden. Vermutlich wurde das Material aber kleinteiliger, als dies
im Fall, der Firma Himmelsbach geschehen ist. wiederverwendet. Die charakteristische
Dachform, 1981 mit den genannten Presseberichten im Bild verbreitet, hätten sonst wohl ein
Echo gehabt. Die Auggener Halle repräsentiert nicht nur ein Stück Technik, sondern auch ein
Kapitel Luftfahrtgeschichte.
44
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-01/0046