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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 1.1990
Seite: 138
(PDF, 32 MB)
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von ihrem Sohn, der ihr einziger Lebensinhalt war, in Zusammenhang. Sie war für die künftige
Pfarrerslaufbahn ihres Buben zu jedem Opfer bereit, hatte sich damit aber überfordert. 14jährig
wurde Hebel von seinem Vormund und dem Bürgermeister des Dorfes zum Gymnasium illustre
nach Karlsruhe gebracht. Dort antwortete er auf die Frage des Rektors, was er einmal werden
wolle - entsprechend dem an ihn delegierten Auftrag der Mutter - mit großer Entschiedenheit:
"ein Pfarrer!" Von diesem Ziel, das ihn mit der Mutter verband, erfüllt, brachte der Waisenknabe
seine Gymnasialzeit rasch und erfolgreich hinter sich. Hinweise auf einen Konflikt mit der
Mutter finden wir nur in Traumaufzeichnungen - also in Äußerungen des Unbewußten - die
Hebel zwischen seinem 44. und 52. Jahr machte. Da ein Traum nicht nur mit der aktuellen
Lebenssituation zu tun hat. sondern stets auch mit der Vergangenheit, dem Szenarium der
Kindheit, dürfen wir den Träumen des Mannes auch Gefühle des Kindes entnehmen. Unter dem
5. Jan. 1805 finden wir im Traumtagebuch folgende Notiz:

"Sehr oft gibt mir der Traum meine Mutter wieder und ich bekomme sie immer nur unter einer
von zwei Gestalten. Entweder ist sie erzürnt und will nichts von mir wissen oder sie erscheint
in der Verklärung der höchsten mütterlichen Milde und hat Vergnügen an meinen Liebkosungen
. Immer habe ich das Bewußtsein dabei, daß ich sie lange entbehrt habe und das Gefühl, daß
ich sie nicht lange haben werde..."

In diesem Traum wird "die böse Mutter" durch das Schaffen eines idealisierten Bildes
bewältigt.

Ganz im Gegensatz zu Hebels Briefen und alemannischen Gedichten, die eine positive Mutter
darstellen, zeigt uns der Traum vom 3. Juni 1812 die Enttäuschung über eine fordernde und
versagende Mutter: Zitat aus dem Traumtagebuch: "den 3. Juni 1812: ich war von der
Großherzogin nach Dotnau geschickt. Auf dem Heimweg gesellte sich zu mir meine Mutter aus
dem Grabe. Wir kamen nach Hausen an unser eigenes Haus. Mir war so wohl, sie jetzt wieder
zu haben und ich erzählte ihr. wie oft ich um sie weinte, wenn ich an dem Haus vorbeiging, worin
sie nicht mehr war. Sie blieb kalt und untheilnehmend und verlangte nicht in dieses, sondern in
einer Nachbarin Haus. Auch dort blieb sie gegen ihre Freundin so. Ohne wieder fortzugehen
waren wir hernach doch in Schopfheim im Löwen. Ein Bursche kam und meldete sich zum
Rekruten. Statt Handgeld zu bekommen, bezahlte er. In diesem Augenblick hatte ich auch Geld.
9 Reichsthaler, in der Hand. Meine Mutter forderte es von mir. Ich gabs. Sie gab es einer andern
Weibsperson, von der ich es vergeblich zurückforderte, bis ich Leute herbeirief. In Hausen, auf
dem Bergwerk fand ich diese wieder, wo man ihr viel Ehre zu erweisen schien. Ich bezüchtigte
sie geradezu, sie sei eine gefährliche Person. Sie erwiderte auch nichts Gutes, unter anderem, ich
sei einer von den sieben: sie hoffte deutlich genug sich ausgedrückt zu haben. Aber jetzt war sie.
ohne sich verwandelt zu haben, ein Mannsbild".

Dieser Traum zeigt eine große Spannung mit einer fordernden und bestimmenden Mutter.

Im Männerbund der "Proteuser" suchte Hebel seine Gebundenheit an die Mutter zu überwinden
und seine männliche Identität zu finden. Doch das sein Leben entscheidende Mutterbild
wirkte weiter, und in seinen Lörracher Jahren wiederholte sich erstmals sein Konflikt mit der
Mutter in der Beziehung zu einer Frau.

Gustave Fecht

Der 28jährige Praeceptoratsvikar lernte die 8 Jahre jüngere Pfarrerstochter Gustave Fecht
kennen, die nach dem Tode ihres Vaters zusammen mit ihrer Mutter zu ihrem Schwager Tobias
Günttert ins Lörracher Paedagogium zog. Günttert war Prorektor am Paedagogium, mit Hebel
befreundet und gehörte zum Kreis der "Proteuser". 2 Jahre lang nahm Hebel am Mittagstisch
dieser Familie teil, und als Günttert 1790 Pfarrer in Weil wurde, verbrachte Hebel fast jedes
Wochenende im befreundeten Pfarrhaus. Es wurde sogar ein eigenes Zimmer mit Blick auf den

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