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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 1.1990
Seite: 140
(PDF, 32 MB)
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dieser Erklärung tritt er gewöhnlich auch den Vorstellungen entgegen und macht es schwer und
unmöglich ihm zu rathen... Er scheint mir in dem Fall mancher Gefühlsleute zu seyn. die ihr
Gefühl für stark... und Leichtsinn für Mut halten". Hier zeigt sich die Haltung eines Mannes, der
Angst hat. der Macht des Weiblichen ausgeliefert zu sein.

Sophie Haufe

Die zweite Frau, die in Hebels Leben eine Rolle spielte, war Frau Sophie Haufe - 26 Jahre
jünger als der Dichter. Sie bildete von 1805 an den Mittelpunkt von Hebels Straßburger
Freundeskreis. Dir Mann war in Lörrach Hebels Schüler gewesen, und seine junge Frau war auch
eine Pfarrerstochter aus dem Oberland. In dieser Beziehung suchte Hebel nicht so sehr eine
Zweierbeziehung, sondern die Geborgenheit in einer Familie, wie er sie ein Stückweit im Weiler
Pfarrhaus gehabt hatte. Die Atmosphäre im Hause des Goldschmieds und späteren Fabrikanten
Haufe war großzügiger und weltoffener als die Atmosphäre im Weiler Pfarrhaus - hier
verkehrten auch Gelehrte und Künstler. Die lebhafte Frau, die es selber verstand. Verse zu
schmieden, war nicht durch Erwartungen bedrohlich, sie war durch eine Ehe gebunden und
konnte heiter auf die romantischen Phantasien des Dichters eingehen. Hier unterschrieb Hebel
seine Briefe nicht wie bei Gustave als "der gehorsame Diener", hier konnte er sich "oben fühlen"
als "Graf Peter der Erste" oder "von Gottes Gnaden Wild- und Rheinkönig zu Aßmannshausen
und Caub", und er machte die Freundin zu seinem "lieben geheimen Staatsminister und
Intendanten der Künste und Wissenschaften", der die Aufträge für die Bebilderung der
Alemannischen Gedichte weitergab. Hier brauchte er die Nähe nicht zu fliehen und die
Beziehung auf briefliche Phantasien zu reduzieren. Neben dem regen Briefwechsel zwischen
Karlsruhe und Straßburg gab es auch Treffen in Straßburg - wenn das Haus voll war sogar mit
Übernachten auf dem "Kanapee"- öderes gab gemeinsame Ferientage im Bühlertal. Daß er das
Straßburger Münster als seinen "künstlichen Belchen" bezeichnet hat, sagt, daß ihm dieser Ort.
wenn auch nicht "natürlich", so doch "künstlich" zu einem Stück männlicher Identität verholfen
hat. Hatte er sich doch in der Proteuser-Zeit bei seinen Besteigungen des Belchen die Wandlung
zum Manne erhofft. In der Familie Haufe erlebte Hebel wiederholt das "Kindbett" von Frau
Haufe, wurde zweimal Pate, beschäftigte sich real und in der Phantasie mit der väterlichen Rolle.
Hebel wünschte sich, daß ihm Haufes jüngster Sohn Osw ald zur Erziehung überlassen werde,
und als das Geschäft der Freunde zusammenbrach und sie ihre Kinder vorübergehend verteilen
mußten, nahm der 64jährige den 9jährigen Oswald als Pflegsohn bei sich auf. Mit dem
unbewußten Wunsch nach "Vaterschaft" hängt wohl auch die Idee zusammen, daß Hebel mit
Sophie Haufe zusammen einen Roman nach Jean Paulscher Manier schreiben wollte, dessen
Heldin die Haufesche Tochter Mina sein sollte. Frau Haufe ging aber auf diesen Plan nicht ein.

Daß sie Hebels Konflikt in der Beziehung zu Gustave Fecht erkannte, zeigt eine Bemerkung
in den "Zeit- und Hebelerinnerungen", die sie als alte Frau schrieb: "Hebel hätte in jener Familie
Seibert eine liebenswerte Gefährtin für sein Leben gefunden, wenn ihn nicht ein früheres
Verhältnis abgehalten hätte, einer anderen als der ihm nicht gleich gesinnten, früher geliebten
Person, seine Hand anzubieten. Diese war von gebieterischer Art, und, obgleich sehr verständig,
würde es sein freies poetisches Gemüth zunichte gemacht haben. Er wie sie - Fräulein Fecht von
Weil - blieben beide ledig und in ununterbrochener Freundschaft und Briefwechsel."

Henriette Hendel

Mit der dritten Frauenbegegnung, der Beziehung zu der 12 Jahre jüngeren Henriette Hendel,
hat sich der 48jährige Kirchenrat am weitesten von der Welt der Mutter entfernt. Die 36jährige
hatte bereits drei Ehen hinter sich und hatte sich nach dem Tode des dritten Mannes auf

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