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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 31
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0033
Lörrach im Dritten Reich

Wolfgang Gockel

Wir wissen heute sehr genau, wie Hitler-Deutschland den Krieg entfachte, der 60 Millionen
Menschen den Tod gebracht hat. Wir haben die furchtbaren Bilder aus den Konzentrationslagern
vor Augen. Sehr viel weniger wissen wir über die Jahre des Nationalsozialismus in
unseren Städten und Gemeinden. Das Gras ist viel zu dicht über jene Jahre gewachsen, in denen
die große Mehrheit der Bürger ihren "Führer" bejubelte.

Die Arbeit über "Lörrach im Dritten Reich" wurde gegen das Vergessen geschrieben. Sie
geht auf einen Auftrag der Badischen Zeitung zurück und ist dort nach dem 50. Jahrestag des
Überfalls auf Polen in 18 Folgen veröffentlicht worden. Es waren Einschränkungen nötig, um
das Thema im zuvor abgesteckten Rahmen bewältigen zu können. So konnte nur ein kleiner
Teil des umfangreichen Materials aufgenommen werden, das im Stadtarchiv Lörrach und im
Staatsarchiv Freiburg noch vorhanden ist. Die Erinnerungen der Zeitzeugen sind ebensowenig
ausgeschöpft. Ohne die vielen Gespräche mit ihnen wäre es nicht möglich gewesen, die
Atmosphäre jener Jahre wenigstens annähernd wiederzugeben. Ihnen sei gedankt für ihre
Offenheit, ebenso Hans Hoog, dem Leiter des Stadtarchivs Lörrach, für seine Hilfe.

1. Die NSDAP faßt Tritt

Am Tag nach Hitlers Machtergreifung auf dem alten, dem damaligen Marktplatz von
Lörrach: Eine mächtige blutrote Fahne mit schwarzem Hakenkreuz hängt von den oberen
Fenstern der "Sonne" herab, und jetzt, kurz nach sieben am Abend, nahen 600 Kommunisten
in einem geschlossenen Zug, vorneweg der Rote Frontkämpferbund im Schwarzhemd mit
roter Krawatte, die Schirmmütze mit Kinnband festgehalten. Eine Stunde lang haben sie in den
Straßen demonstriert gegen die neue Regierung mit den verhaßten Nationalsozialisten, haben
"Der Hitler muß krepieren" gesungen und sind von Leuten am Straßenrand mit erhobener Faust
und "Rot Front!" gegrüßt worden.

Aber dieser 31. Januar 1933 ist nicht der Tag der KPD. In den Fabriken Lörrachs hat die
Partei früh am Morgen die Arbeiter mit Flugblättern zum Streik aufgefordert, ohne merkbaren
Erfolg. Denn einen Generalstreik haben sowohl SPD als auch Gewerkschaften abgelehnt.
Überhaupt ist jeder in den Betrieben froh, noch Arbeit zu haben in miserablen Zeiten.

Am Abend, wieder auf dem Marktplatz, als der Zug der Kommunisten sich aufgelöst hat und
die Männer und Frauen mit Hammer und Sichel auf ihren roten Armbinden wartend herumstehen
, treffen nach und nach die Sieger ein. truppweise auf Lastwagen, manche auf ihrem
Fahrrad oder Motorrad, andere in Gruppen im Marschtritt, sie alle in Uniform mit braunen oder
blauen Mützen und roten Armbinden mit dem Hakenkreuz. Gegen "Nieder mit Hitler" brüllen
sie "Heil Hitler". Eine Schlägerei beginnt, sofort fährt ein grüner Lastwagen mit Schutzpolizei
auf den Platz. Die Menge flüchtet. Ungestört können sich die Nazis zum Fackelzug aufstellen,
schrille militärische Kommandos. In Dreierkolonnen und bei dumpfem Trommelklang beginnt
der Marsch, 500 ziehen mit, schätzt der Beobachter der Basler "National-Zeitung". Ein
Triumphzug.11

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