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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 32
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0034
Drei Jahre zuvor, beim Wechsel in die 30er Jahre, hat ein kleines Häuflein überzeugter
Nationalsozialisten von einem solchen Triumph nur träumen können. Kaum mehr als ein
Dutzend Mitglieder bildet die Ortsgruppe Lörrach: seit ihrer ersten Gründung 1922 und einer
notwendigen Neugründung 1925 hat sie für die Partei keine Ehre einlegen können. Die Nazis
auf dem Land machten es den Städtern vor, in Hochburgen wie Wollbach. Wintersweiler.
Tannenkirch oder Steinen. Im Umland sind bereits SA-Stürme aufgestellt zum Kampf gegen
das Weimarer System; Verbote durch Badens Regierung halten nie lange an. 1930 hören
immerhin 140 Mann der SA in Steinen, in Weil und Schopfheim auf ihre Sturmführer. Im
Spätjahr 1930 wird ein vierter Sturm in Lörrach aufgestellt für den Saalschutz, für die
Propaganda, für die hautnahe Kraftprobe mit den politischen Gegnern. Ein blutiger Straßenkampf
, so Adolf Hitlers Überzeugung, werbe besser für die Partei als ein Dutzend Flugblätter
.^

Krisenjahre ohne Arbeit und ohne Geld

In diesem Jahr 1930 übernimmt Reinhard Boos die Ortsgruppe Lörrach der NSDAP. Mit
ihm kommt der Erfolg, aber anderswo in Baden und im Reich nicht weniger, weshalb die
Umstände maßgeblich zu sein scheinen und nicht zuerst die Person Boos. Die Weimarer
Demokratie, von der Mehrheit im Reich nicht geliebt und von zu wenigen schließlich
verteidigt, leidet an wirtschaftlicher Not ebenso wie an der politischen Zerrissenheit. Lörrach
spürt beides. Die Niederlage im Ersten Weltkrieg hatte den Verlust des Elsaß als Absatzgebiet
gebracht: wichtige wirtschaftliche Verbindungen waren zerstört. Betriebe dünnen ihre Belegschaften
immer wieder aus. die Zahl der Arbeitslosen wächst weiter. Der Höhepunkt der
Wirtschaftskrise ist noch längst nicht erreicht. Die Umsätze der Einzelhändler sinken, die
Konkursmeldungen reißen nicht ab. Viele verspüren Existenzangst.

Lörrach kann nicht gegensteuern. Bürgermeister Dr. Heinrich Graser. seit Ende 1927
Nachfolger von Dr. Erwin Gugelmeier im Amt. versucht den Haushalt mit strenger Sparpolitik
auszugleichen. So viel als möglich schneidet Graser künftig aus jenen Programmen heraus, die
von den rasch wechselnden Reichsregierungen zur Linderung der Arbeitslosigkeit angeboten
werden: Notstandsmaßnahmen wie Kanalisation und Wasserleitungen verlegen in der Stettengasse
; mit Zuschüssen erleichterte Haussanierungen: Bau von Siedlungshäusern im Homburg,
um gleichzeitig den enormen Mangel an Wohnungen zu lindern. Immer schwieriger wird die
Aufgabe, den langfristig und nun ausgesteuerten Arbeitslosen mit städtischer Fürsorge das
Leben zu ermöglichen.3'

Eine neue Gemeindebier- und Gemeindegetränkesteuer soll den Haushalt 1931 ausgleichen.
Ihre Einführung wird möglich durch eine Reichsverordnung der Regierung Brüning.

Der heftige Streit um diese Steuer wirft Licht auf die politischen Verhältnisse in Lörrach. Die
Stadtverordneten im Bürgerausschuß (daneben gibt es noch den Stadtrat) sollen am 29.
Dezember 1930 einen Entscheid treffen, und der fällt denkbar knapp für die Einführung der
Steuer aus. Vor der Abstimmung kommt es im Zeichensaal der Oberrealschule (heute Hans-
Thoma-Gymnasium) zu schweren Tumulten. Die Stadtverordneten der KPD wollen einen
Dringlichkeitsantrag der Erwerbslosen behandelt haben: Bürgermeister Graser lehnt mit
Verweis auf die Geschäftsordnung ab. Die Kommunisten nehmen das nicht hin. verfluchen die
Gesellschaftsordnung und singen die Internationale. Graser läßt die Störer von der Polizei
herausholen. Stühle fliegen, es wird geschlagen und getreten. Eine "Verwilderung im Lörracher
Stadtparlament" beklagt am Tag darauf der "Oberländer Bote".4'

Die Kommunisten haben seit Kriegsende immer wieder für Aufregung gesorgt in der Stadt.
Sehr viele Lörracher setzen auf ihre revolutionäre Botschaft und machten die KPD bei den
meisten Wahlgängen zur stärksten Partei in Lörrach. 1926 etwa, als die Lage im Reich sich

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