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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 37
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0039
Demonstration der wütenden KPD. Die Kommunisten, die mit den Nationalsozialisten
wesentlich das Bild geprägt haben in den letzten Jahren des politischen Machtkampfes - sie
werden bald aus den Augen der Stadtbewohner verschwunden sein: eingesperrt oder geflohen
die Funktionäre, eingeschüchtert und zum Teil "übergelaufen" die Basis.

Daß nun ihre Zeit gekommen sei. das machen die Nazis in Lörrach in den Wochen bis zum
Sommer allen klar. Wer die Zeit miterlebt hat. dem sind die Märsche der Parteiformationen
durch die Stadt, die Fackelzüge und Kundgebungen noch gut in Erinnerung. Der Siegestaumel
läßt sich grob nachzeichnen mit Hilfe der oft rasch mitjubelnden Zeitungsredakteure von
damals. Die Atmosphäre dieser verschwundenen Zeit kann allerdings nicht mitgeliefert
werden. Jedenfalls scheinen jene recht zu haben, die einen "Rausch" ausmachten - der
allerdings, des alemannischen Temperaments wegen, nicht gar so schwer ausgefallen sein
dürfte wie anderswo im Reich.

Für die politischen Leiter der NSDAP, für SA und SS beginnen mit dem 30. Januar 1933
arbeitsreiche Wochen. Kreisleiter Boos hat in einer Rede am 31. Januar gelobt, man werde
weiterkämpfen, "bis auch der letzte Volksgenosse für Adolf Hitler gewonnen ist".131 Weil die
Reichstagswahl Anfang März ansteht, liegt das Schwergewicht zunächst auf Propagandaarbeit
, die in der alten "Sonne" am Marktplatz organisiert wird, dem Hauptquartier der Partei.

Eine der Werbeveranstaltungen ist auf den 16. Februar angesetzt. Die Festhalle ist gerammelt
voll, der als Gauredner tätige Professor vom Hebelgymnasium (er übernimmt im Mai
bereits für die Partei höhere Aufgaben in Karlsruhe) tritt erstmals in brauner Uniform ans
Rednerpult, hinter ihm aufmarschiert 50 SA- und SS-Männer. "Der Köter bellt wohl, aber er
beißt nicht", verhöhnt er jene, die mit Streiks und Widerstand gedroht hatten. "Verfolgt und
ausgerottet" werden müßten die, hört der Journalist der Basler "National-Zeitung". Als
notorisches Hetzblatt gilt die "National-Zeitung" den Nazis in der Grenzecke. Bald wird die
Einfuhr der zweimal täglich erscheinenden Zeitung untersagt.

In der Tat schaut die "National-Zeitung" neugierig nach Lörrach und ins Markgräflerland.
aber sichtlich um Objektivität bemüht. Wer in den alten Bänden liest, dem wird das Bild vom
damaligen Geschehen farbiger. Am 26. Februar, einem Sonntag, marschieren 900 Nationalsozialisten
in Dreierkolonnen und mit Marschmusik durch Lörrach. Wieder ist ein Journalist
aus Basel dabei, notiert die unzähligen Hakenkreuzfahnen im Zug und an den Häusern, sieht,
wie Zuschauer Blumen und Tannenzweige werfen. Nicht alle im Zug tragen Uniformen:
vielleicht kommen die Lieferanten nicht nach. "Es gibt kindlich Junge und alte Weißbärte.
schlanke und mit Bäuchlein geschmückte, etwas strammere Innerdeutsche und - die große
Mehrzahl - gemütlichere Grenzalemannen. Ihnen gemeinsam ist die sichtliche Freude, in Reih
und Glied nach den Takten eines Soldatenlieds marschieren zu können." Soweit die "National-
Zeitung".14'

Bis zu den Reichstagswahlen am 5. März 1933 hallt noch oft Marschtritt in den Straßen. Mal
sind die Nationalsozialisten alleine unterwegs, mal gemeinsam mit Stahlhelmleuten in ihren
grauen Uniformen ("Front Heil!") und dem Kriegerverein. Die Eiserne Front der Gewerkschaften
und SPD organisiert einen Propagandazug mit 400 Gegnern der neuen Reichsregierung
. Die Parteien verteilen Wahlaufrufe, eine Kundgebung des Zentrums leidet unter einem
Anschlag mit Tränengas. Auf dem Marktplatz berieselt die NSDAP Passanten mit Musik und
Hitlerreden. Der Wahlkampf verläuft insgesamt ruhig. Und das hat seinen Grund.

Verbieten, verhaften - und wählen lassen

Von freien Wahlen kann nämlich nicht mehr die Rede sein. Vor dem Reichstagsbrand am
27. Februar 1933 wurden Zeitungen und Wahlplakate von SPD und KPD zum Teil bereits
verboten. Auf der Grundlage der "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" (28. Februar)

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