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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 39
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weitere mit. Bekannte Sozialdemokraten erleiden dasselbe Schicksal. Viele bleiben nur kurz
hinter Gittern, andere müssen in Konzentrationslagern jahrelang leiden. Jedenfalls verbreitet
sich Furcht bei den Gegnern der Nazis. Nur zu verständlich, daß die allermeisten nun
stillhalten, zumal die Gefahr weiter wächst. Anfang April nämlich erhält die Polizei Unterstützung
: Nach dreiwöchigem Kurs oben beim Schützenhaus steht die erste von drei Hundertschaften
Hilfspolizei zum Einsatz bereit, rekrutiert aus SA, SS und Stahlhelm.17'

Während das Lörracher Gefängnis völlig überfüllt ist (die Grenzschützer, seit März durch
SA und Stahlhelm verstärkt, liefern auch noch an der Flucht gehinderte Kommunisten ab),
feiern die Nationalsozialisten weiter die Machtübernahme auf Kundgebungen und mit
Fackelzügen. Zum Höhepunkt der perfekt organisierten Schauspiele wird der 1. Mai 1933. der
"Tag der nationalen Arbeit".

Am Morgen des 1. Mai ziehen Partei und ihre Verbände in die Dammstraße, die nun " Albert-
Leo-Schlageter-Straße" heißen soll. Zum Zeichen der Abkehr vom Marxismus wird beim
"Wiesentäler Hof eine Fahne der Eisernen Front verbrannt. Eine Morgenfeier im Hebelpark
mit den Schulen schließt sich an. und nachmittags reihen sich Vereine. Berufsverbände und
Belegschaften von Betrieben in den Festzug durch beflaggte Straßen ein. Abends wird still
einer Führerrede aus Berlin gelauscht. Aus Basel kommen Hunderte über die Grenze, um beim
"Volksfest" dabeizusein.18'

Am Morgen nach dem "Tag der nationalen Arbeit" werden in Lörrach die Gewerkschaftsbüros
besetzt. Die Gleichschaltung in der Stadt hat längst begonnen.

3. Ausschalten und Gleichschalten

Mit Aufmärschen und Jubelreden auf Adolf Hitler soll die Bevölkerung für die "Bewegung"
gewonnen werden. Genauso wichtig ist der rasche Griff zur Macht, auch in Lörrach.

Als erstes werden Stadtrat und Bürgerausschuß umgebildet. Nach dem "Reichsgesetz zur
Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" sollen die Sitze neu verteilt werden gemäß dem
örtlichen Ergebnis der Reichstagswahlen vom 5. März 1933. Die Kommunisten werden
allerdings ganz ausgeschlossen. In dem von 14 auf 10 Mitglieder verkleinerten Stadtrat sitzen
nun sechs Nationalsozialisten, ein Sozialdemokrat, zwei Männer vom Zentrum und einer der
Kampffront Schwarz-weiß-rot. Der Bürgerausschuß besteht noch aus 24 Stadtverordneten, bis
dahin 72: die NSDAP verfügt auch hier über die absolute Mehrheit. Bis Ende August des Jahres
werden die beiden Kommunalparlamente ihre Gesichter weiter verändern.19*

Im Rathaus in der Villa Favre ist weiterhin Heinrich Graser der Bürgermeister. Er wehrt sich
zunächst mit Erfolg, als die SA am Tag der Reichstagswahl im März 1933 eine Hakenkreuzfahne
hißt. Vier Tage später erscheint die SA wieder, und von da an weht das Hakenkreuz auch
am alten Rathaus in der Wallbrunnstraße, der Polizeiwache damals, und am Bezirksamt (nach
der Kreisreform von 1939 "Landratsamt") in der Bahnhofstraße. "Kameraden, unser Kampf
ist nicht umsonst gewesen", ruft der Sturmbannführer vor der Villa Favre seinen Leuten zu.
Wieder einen Tag später setzt der Stahlhelm, noch Partner in der Reichsregierung, seine
schwarz-weiß-rote Flagge neben das Hakenkreuz. Der Stahlhelm wird im Juli gleichgeschaltet
und 1934 in Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund umbenannt.20'

Am 19. April 1933 ordnet der Reichskommissar Lörrachs Bürgermeister Graser als
Kommissar den Stadtrat Reinhard Boos bei. Er ist befugt, in alle Geschäfte der Verwaltung
Einblick zu nehmen und auch sein Veto einzulegen. Ohne Marschtritt geht das nicht. SA und
SS geleiten Boos früh am nächsten Morgen zum Rathaus. Heinrich Graser gibt sich verständnisvoll
. Vom Balkon herab an die Menge gewandt erklärt er. man habe nichts zu v erbergen und

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