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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 51
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0053
Volksbildungsstelle. Die Ortsgruppenleiter gebieten über Beauftragte für Parteiorganisation.
Propaganda, politische Schulung: es gibt Ortsamtswalter der Deutschen Arbeitsfront (DAF).
der NS-Volkswohlfahrt (NSV), der NS-Kulturgemeinde. Die Wohnquartiere durchdringt die
NSDAP mit ihrem System der Zellen und Blocks. Die Stadtmitte mit Palmstraße. Grabenstraße
und Turmstraße - dies als Beispiel - ist ausgewiesen als eine solche Zelle mit einem Zellenleiter
und fünf Blockleitern. "Amtswalter" der NSDAP sind sie alle. Es finden sich keinerlei
Hinweise in heute verfügbaren Akten, daß die Partei nicht genügend Leute gefunden hätte für
diese und die vielen anderen Posten in ihren Gliederungen, so da waren noch die NS-
Gemeinschaft Kraft durch Freude, die Berufsverbände (NS-Beamtenbund oder NS-Lehrer-
bund). die SA und SS.47'

Das Vereinsleben ist eingeschränkt insoweit, als viele alte Vereine verboten und aufgelöst
sind. Die NS-Kulturgemeinde wird zum großen Veranstalter in der Stadt, zur Zeit der
Machtergreifung noch "Kampfbund für deutsche Kultur" geheißen. Der Kampfbund hatte im
August 1933 in den Tageszeitungen sein Programm umrissen. Feste "Planung und An- wie
Einordnung des gesamten öffentlichen kulturellen Lebens der Stadt" (...). "Mit eindeutiger
Entschlossenheit wird er alles Artfremde und Volkstumfeindliche fernhalten"..."48)

Hermann Burte. Dichter und Maler, tritt von 1936 an für die Organisationen der Partei auf.
hält große Reden und wird von den politischen Leitern (den "Goldfasanen", ihrer hellbraunen
Uniformen wegen) vorgezeigt. In der Erinnerung der Zeitgenossen haftet Burte als überragende
Persönlichkeit der Stadt, überaus gewandt, unterhaltend, hoch gebildet. Er habe den
Nationalsozialismus weiter gesellschaftsfähig gemacht, so das Urteil der Beobachter. Manch
einer aus Lörrach schüttelt im Dritten Reich seine Skepsis ab - denn "der Burte sagt's ja
auch ..."

Heute wird viel diskutiert, wann Hermann Burte sich in den Dienst der Nazis gestellt hat. Es
gibt eine Buchwidmung Burtes vom September 1935, die mit den Worten beginnt "In diesen
bösen Zeiten..." Das liest sich wie Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten. Ein anderer Fund
läßt zweifeln. Unter den Lobpreisungen zu Burtes 60. Geburtstag (1939) im Oberbadischen
Volksblatt findet sich der Rückblick eines frühen Parteimitglieds auf schwierige Jahre
während der Weimarer Republik. Die SA ist zeitweise verboten gewesen. Polizei überwachte
die Post. Trotzdem hat der Stuttgarter Gruppenführer Ludin (ein Bekannter Burtes) Befehle
nach Lörrach übermitteln können - mit der Post an die Privatadresse Hermann Burtes
geschickt. Hiesige SA-Leute haben die Briefe bei ihm abgeholt.49'

"Staatsjugend": Keine Ausflüchte mehr

Wer heute Bürger der Stadt sucht, die mit wachen Sinnen die Machtergreifung miterlebt
haben, der wird große Mühe haben. Von den Akteuren leben nur noch sehr wenige.
Denjenigen, die unbeteiligt danebengestanden haben, ist meist nicht v iel mehr im Gedächtnis
haften geblieben als die Uniformen und Fahnen, die Fackelzüge und die Kundgebungen mit
manchmal 10 000 oder noch viel mehr Teilnehmern.

Es haben jene mehr zu erzählen, die im Dritten Reich groß geworden sind in Jungvolk und
Hitlerjugend. Sie berichten bereitwillig, vielleicht mit einem unguten Gefühl, denn man weiß
heute eben, in welche Verbrechen diese Zeit geführt hat. Sie alle haben viel erlebt, weil viel
geboten wurde.

Die Erfassung des Volkes beginnt bei den Zehnjährigen. Bis 14 gehört ein Junge zum
Jungvolk, von 14 bis 18 zur Hitlerjugend: Arbeitsdienst und Wehrdienst folgen. Ein Mädchen
wird mit zehn bei den Jungmädeln aufgenommen, wechselt zum Bund Deutscher Mädel
(BDM) und leistet ebenfalls einen Arbeitsdienst.

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