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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 53
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Von 1936 an gibt es also keine Ausflüchte mehr. Das Jungvolk tritt auf dem Engelplatz, bei
der Hebelschule, auf dem Werderplatz und dem Robert-Wagner-Platz an. Von den ersten
Jungvolkführern hat mancher schon in der Wandervogelbewegung Gruppen geleitet. Später
werden die Führer aus der HJ rekrutiert ("Jugend durch Jugend geführt"). Man trifft sich zu
Heimabenden, zu politischem Unterricht, zu Geländespielen. Die Kinder werden an militärische
Disziplin gewöhnt. Jungvolk wie HJ werden an Samstagen immer wieder einmal für
Propagandamärsche durch die Stadt aufgeboten: Lieder singen. Sprechchöre. Und Staffage
sind sie bei Großveranstaltungen.

Bei der HJ darf man wählen, kann zur Marine-HJ. Flieger-HJ. Motor-HJ. 1935 w ird ein HJ-
Streifendienst eingerichtet mit dem Auftrag, getarnt tätige Jugendverbände aufzufinden/1'
1943 kommt eine Feuerwehr-HJ hinzu, weil viele Feuerw ehrmänner an der Front stehen oder
schon gefallen sind. Gerade die Technikbegeisterten finden Spaß am HJ-Dienst. Hier können
sie sogar Motorrad fahren, kommen zum Segelfliegen, können funken und morsen. Ein allzu
strenges Regiment wird nicht geführt. Zu großen Sportfesten trifft sich der ganze Bann 142.
Bannlager gehören zu den Höhepunkten der HJ- und BDM-Zeit. Die Sprache ist kriegerisch.
Im Sommer 1938 rüsten die Pimpfe des Jungstammes 1/142 "zum Kampf gegen Müllheim".
Die Brombacher sind "Waffenbrüder". Der Führer des Jungstammes gibt die Parole aus:
"Wehe den Feiglingen! Es lebe der Kampf und der Sieg!"32'

Die HJ-Führung bekennt sich zum politischen Kampf, wie der katholische Stadtpfarrer
Haller im April 1934 erfahren muß."1 Im Aushängekasten der katholischen Deutschen Jugend-
Kraft (DJK) in der Turmstraße - katholische Jugendverbände werden erst vor dem Krieg ganz
verboten - hängt ein Zeitungsausschnitt aus der Freiburger Tagespost. Ein Osterschreiben von
Papst Pius XI. an die katholische Jugend. Der Papst warnt vor den Lockrufen einer Propaganda
für eine neue Lebensauffassung, die von Christus weg ins Heidentum führe. Das ist zuviel für
den Führer des Jungvolks vom "Stamm Rötteln". In einem Schreiben an das Bezirksamt nennt
er den Zeitungsausschnitt eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung, einen Schlag gegen die
deutsche Jugendbewegung: der Heilige Vater "möge unter seinesgleichen agitieren, nicht in
der Öffentlichkeit". Die Gestapo w ird eingeschaltet. Stadtpfarrer Haller erklärt, der Zeitungsausschnitt
werde herausgenommen. Doch Haller kommt zu spät. Der Aushängekasten ist aus
der Wand gerissen und verschwunden.

6. Überwacht und verfolgt

Das Nationalsozialistische Herrschaftssystem kommt nicht aus ohne Terror, ohne brutale
Meinungsunterdrückung, ohne auf Gefängnis und KZ hinauslaufende Gesinnungsschnüffelei.
Die bedingungslose Verfolgung Andersdenkender erfahren auch in Lörrach zuerst die Funktionäre
und Helfer von KPD und SPD.

Von jenen, die anfangs noch nicht in "Schutzhaft" sitzen, leisten viele weiter Widerstand.
Hier an der Grenze kommt ihnen vor allem die Aufgabe zu. die von den Nationalsozialisten
verbotenen Zeitungen sowie Flugblätter herüberzuschmuggeln oder in Empfang zu nehmen
zur weiteren Verteilung. Nicht weniger gefährlich ist es. politisch Verfolgten einen Durchschlupf
an der Grenze zu weisen. Die Gestapo Karlsruhe hat 1936 ermittelt, daß die KPD von
1934 an am Hochrhein bis Lörrach und Weil hinunter sogar eine neue Organisation hat
aufbauen können. Im April 1936 wird sie zerschlagen. 54 Kommunisten sind eingesperrt."14'

Die Geheime Staatspolizei (Gestapo), organisiert von der SS. ist bei den Regimegegnern
gefürchtet. Die Männer in Zivil mit dem Gestapo-Zeichen unterm Revers kümmern sich schon
um jene, die beim Horst-Wessel-Lied den Arm nicht hochhalten oder an Feiertagen ihr Haus
nicht beflaggen. Wie unnachgiebig in der Stadt der Widerstand gebrochen wird, machen die

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