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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 59
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0061
Wertigkeit eine Gefahr liege für den Bestand eines Volkes. Am 1. Januar 1934 erfährt der Leser
vom gerade in Kraft getretenen "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses". Jetzt
können - wenn nötig mit Hilfe der Polizei - "Erbkranke". Behinderte. Alkoholiker zwangsweise
unfruchtbar gemacht werden. Amtsärzte und niedergelassene Ärzte haben diese neue
Gruppe von Verfolgten mittels eines Vordrucks zu melden. Innenminister Pflaumer schreibt
aus Karlsruhe: "Es wird erwartet, daß jeder Bezirksarzt verantwortungsfreudig an dem großen
Werk zur Genesung und Aufartung unseres Volkes mitarbeitet".64'

Ein "Erbgesundheitsgericht" ist dem Amtsgericht angegliedert. Wer mit der Durchführung
des Gesetzes zu tun hat. ist zum Schweigen verpflichtet. Die Sterilisation fällt dann auch in den
Aufgabenkreis des neu in Lörrach eingerichteten Staatlichen Gesundheitsamtes. Zur "Erb- und
Rassenpflege" insbesondere ist das Amt geschaffen worden.

Als Bürgermeister Reinhard Boos im Juni 1934 im Rosenfelspark bei einer Kundgebung der
Deutschen Arbeiterfront zur Sterilisation Stellung bezieht, da spricht er vom Geld. Die Stadt,
so Boos nach einem Bericht im "Oberbadischen Volksblart". müsse für solche in Heimen
untergebrachten Leute monatlich 9 000 Reichsmark aufbringen. Und jetzt protestierten die
Kirchen gegen die Aktion? Dann, so Boos, sollten sie doch die Leute nehmen und für sie
zahlen.

Die "Ausmerze" von Kranken und Behinderten mündet 1940/41 in die Euthanasie. Möglicherweise
ist dann auch auf Erhebungen zurückgegriffen worden, die 1935 das Städtische
Fürsorgeamt gemacht hat.65' Innenminister Pflaumer wünschte genaue Angaben über Geistesschwache
. Geisteskranke. Trinker. Krüppel. Blinde. Taubstumme. Geschlechtskranke. Tuberkulöse
- dies, um den "tatsächlichen Aufwand zur Durchführung der Gesundheitsfürsorge und
verwandter Gebiete" ermitteln zu können.

8. Führerporträt im Klassenzimmer

Wer einen Krieg um neuen Lebensraum im Osten führen will - Hitler hat ihn früh im
Sinn-, der muß die Menschen als Werkzeuge sehen und formen nach seinen Zielen. Wir
schilderten bereits, was die NSDAP mit ihren Gliederungen beizutragen hat. Wir schauten
noch nicht auf die Schulen.

In den Schulen beginnt die Gleichschaltung mit Auswechslungen beim Personal. Mißliebige
Rektoren und Lehrer müssen den Dienst quittieren. Wer an deren Stelle rückt, dem hat seine
Mitgliedschaft in der Partei geholfen. Auf jeden Fall wird er dankbar sein, durch den
Machtwechsel von bisheriger Arbeitslosigkeit erlöst worden zu sein. Und er wird sich
erkenntlich zeigen.

Beispiele aus der Personalpolitik der Lörracher Volksschulen: Im Juli 1933 schlägt das
Badische Kreisschulamt Lörrach der Stadt vor. eine freigewordene Hauptlehrerstelle an Franz
Unser aus Wyhlen zu vergeben. Das Volksschulrektorat will Unser aber nicht und überzeugt
den Stadtrat mit einem Brief. Zitat daraus: "Gerade in Lörrach, wo die marxistische Verseuchung
unter den Kindern viel Verwüstung angerichtet hat. müssen Erzieher mit einer gewissen
nationalen Tradition eingesetzt werden. Hauptlehrer Franz Unser soll früher über die nationalsozialistische
Bewegung höhnisch gelacht haben..."66'

Unser bekommt die Stelle nicht. Für ihn darf ein Lehrer aus einem abseits gelegenen
Dörfchen nach Lörrach umziehen: Parteimitglied. Fähnleinführer beim Jungvolk und nach der
Machtübernahme kommissarischer Bürgermeister in Hottingen. In Lörrach engagiert sich der
Neue stark in der NSDAP und wird bald zum Amtsleiter der NSDAP-Kreisleitung bestellt.
1940 auch noch zu einem Ratsherrn der Stadt.

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