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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 74
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0076
Käufer hinter Seilen auf. Um 7.30 Uhr beim Glockenschlag läßt der Schutzmann sie losrennen.
Schnell ist die Ware fort. 1943 bringen die Marktfrauen nur noch so wenig in die Stadt, daß
der Wochenmarkt eingestellt wird. Statt dessen gehen die Städter auf Hamsterfahrt in die
Dörfer, nehmen Bettlaken und andere Tauschwaren mit. Und sie sammeln Ähren auf den
Stoppelfeldern. "Kriegsgärten" sollen die Versorgung mit Kartoffeln und Gemüse verbessern.
Die Stadt vergibt Kleingartengelände an der Haagener Straße und in Tumringen.

Jubel nach dem Frankreich-Feldzug...

Der Feldzug gegen Frankreich bringt den Krieg auch ins Drei ländereck. Die Elsässer sind
am 1. September schon nahe an die Pyrenäen evakuiert worden. Die Einwohner Tüllingens
werden am 29. Mai 1940 für einen knappen Monat nach Hüsingen umquartiert; auch andere
Dörfer im Rebland sind geräumt. Französische Artillerie zerschießt Haltingen. Lörrach bleibt
verschont.

Als der Krieg in Frankreich (vorerst) zu Ende ist. werden Elsässer Lehrer in Lörrach
umgeschult, lesen jeden Tag aus "Mein Kampf, sollen deutsche Namen annehmen. Nach
Weihnachten treten sie hier zum ersten Mal vor ihre neuen Schüler. Umgekehrt sind einige
Lörracher nun in Frankreich mit der Verwaltung des besetzten Landes beschäftigt.

Hochstimmung herrscht im Deutschen Reich bis in die Provinz hinein. In Lörrach schwebt
der Bürgermeister ebenfalls über den Wolken und schaut herab auf den Grenzverlauf zur
Schweiz. "Das badische Grenzland entlang der Schweiz", so schreibt er am 9. August 1941 an
Reichsstatthalter Robert Wagner, "wünscht und hofft mit ganzem Herzen, daß diese politische
Bereinigung an den willkürlichen Grenzen der sogenannten Schweiz nicht Halt macht."93'

Wie Boos sich die Grenzlinie wünscht, zeichnet er Wagner auf (eine Kopie ist nicht
erhalten). Und Boos tritt etwaigen Hemmungen entgegen, weil "die politische Einstellung der
Schweiz, wie sie sich auch während des ganzen Verlaufes dieses Krieges wiederum gezeigt
hat. keinerlei Rücksichtnahme seitens Groß-Deutschlands verdient."

... und Niedergeschlagenheit w egen Rußland

Die gute Laune an der "Heimatfront" verschlechtert sich rapide, weil der Führer die
Wehrmacht in Rußland einrücken läßt. Als der Vormarsch gestoppt wird, kippt die Stimmung
gänzlich um. Hitler nennt seinen Krieg jetzt den großen Abwehrkampf gegen die "kommunistischen
Barbaren". Bei all dem vorhandenen Patriotismus schweißt auch diese Parole
nochmals zusammen. Zudem: Man ist ans Gehorchen gewöhnt. Es kommt hinzu die Angst vor
der Polizei, die jetzt erst recht alles Aufmucken sofort unterbindet.

Die Gestapo und das Sondergericht Freiburg im Nacken hüten sich die Gegner der Nazis und
die Zweifler, ihre Kritik weiterzugeben. Zu groß ist die Furcht vor Denunzianten. Über die
Lokalzeitungen werden die Bürger aufgefordert. "Schwätzer und Defaitisten" einer Bestrafung
zuzuführen. Die Strafen sind hart. Zuchthaus gibt es sowohl für Schwarzschlachten als
auch fürs Hören von Radio London oder Beromünster. Trotzdem werden diese Frequenzen
gesucht und die Nachrichten verglichen mit dem deutschen Wehrmachtsbericht.

Kleider gibt es auf Bezugsschein. Trauerkleidung ist frei. Zunächst ist es der Postbote, der
die Briefe der Kompaniechefs mit der Todesnachricht bringt. Wer Sohn oder Mann im Krieg
hat, wünscht sich jeden Tag, der Postbote möge vorbeigehen am Haus. Später werden die
Ortsgruppenleiter der NSDAP mit der Benachrichtigung beauftragt: Stunden nach ihnen
kommen als Tröster die Pfarrer und im Auftrag der Stadt die Hebamme Herbster-Riffel. Der

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