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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
52.1990, Heft 2.1990
Seite: 80
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1990-02/0082
Hans Trops dürfte an einem weiteren Verbrechen beteiligt gewesen sein. Ebenfalls am 23.
April erscheinen zwei Gestapo-Männer bei Landwirt Brogle in Stetten und holen den Polen
Leo Kakala ab. In der Nacht darauf liegt er mit Kugeln im Leib tot im Aichelepark. wo die
Gestapo residiert.

Warum diese Morde? Trops soll das Erschießen der drei Polen am 22. April damit begründet
haben, die hätten nach dem Einmarsch der Franzosen Frauen und Kinder vergewaltigen und
die Bauernhöfe anzünden wollen. Das hat in Stetten keiner geglaubt. In der Erinnerung der
Zeitgenossen sind die Polen als fleißige, freundliche und friedliche Menschen haften geblieben
. Hans Trops soll wegen seiner brutalen Art vor Kriegsende sogar von seinen Kollegen
gefürchtet und gemieden worden sein. Einem Bericht der Kriminalpolizei Lörrach von 1954
ist zu entnehmen, Trops habe ohne Auftrag gehandelt. Und weiter: "...es ist bekannt, daß er
auch noch Lörracher Bürger umgebracht hätte, wenn von dritter Seite nicht mit Nachdruck dem
entgegengetreten worden wäre."

Viele aus Basel und Riehen sind zur Grenze gefahren, um den Einzug der Franzosen so nah
als möglich mitzuerleben. Die Basler "National-Zeitung" berichtet: "Auf der anderen Seite des
Schlagbaumes jubelt die Jugend von Stetten und Lörrach und überreicht den ankommenden
französischen Offizieren und den in die Schweiz abtransportierten Fremdarbeitern Blumen
und Geschenke."

Was der Journalist der "National-Zeitung" da beobachtet hat, entspricht aber keineswegs der
Stimmung in Lörrach. Die breite Mehrheit der Bevölkerung ist bedrückt. Weiß man, was
kommt? Zumindest rücken jetzt nicht die Russen als Besatzer ein, wie es die Nazi-Propaganda
vorausgesagt hat. um den Wehrwillen zu stärken; in vielen Familien sind seit dem Winter die
Koffer gepackt gewesen, um vor den "Kommunisten" flüchten zu können.

Jetzt ist "der Franzos" da. Man vernichtet oder vergräbt, was eine Verbundenheit zum
Nationalsozialismus belegen kann: Hitler-Bilder, Ausweise. Uniformen, sogar das HJ-Abzei-
chen.

Es gibt neben Hans Trops noch weitere bis ins Mark verseuchte Nazis, die das endgültige
Ende ihrer Träume nicht hinnehmen wollen. Als aus dem Haus eines Gestapo-Beamten in der
Tannenbergstraße (heute Mozartstraße) auf französische Soldaten geschossen und dabei auch
der Lörracher Medizinalrat Dr. Fechter schwer verletzt wird, erschlagen die Soldaten einen der
Schützen noch im Haus und erschießen den anderen auf dem Weg ins Gefängnis. Auch ein
"Goldfasan", ein Politischer Leiter, soll in den Straßen der Stadt für sein aufmüpfiges
Verhalten mit dem Leben bezahlt haben.

Andere können sich auch nicht mit der Niederlage abfinden. Eine Rune als Zeichen des
Werwolfs wird nach der Besetzung nachts auf Häuserfassaden gemalt und sorgt für Unruhe:
Es sind also noch welche da. die Widerstand leisten wollen, vielleicht Hitlerjugend aus dem
letzten Ausbildungslager in Brombach. In dieser Zeit ist es auch, als HJ-Burschen. unter ihnen
Lörracher. auf Anordnung ihres Bannführers im Kleinen Wiesental acht Fremdarbeiter aus
Litauen erschießen.

Als der Krieg nicht nur in Lörrach, sondern überall zu Ende ist. da erst scheinen die
Menschen hier aufzuatmen. Vorbei der Wahnsinn, der 60 Millionen Menschen das Leben
gekostet hat. Aus der Stadt Lörrach mit den Stadtteilen Stetten. Tumringen und Tüllingen
stammen über 1300 der Kriegstoten. Von mancher Schulklasse ist kaum einer zurückgekommen
. Viele Frauen müssen ohne Mann und ohne Söhne weiterleben.

Die Sieger säubern Behörden und Schulen

Schwierige Wochen beginnen nach dem Einzug der französischen Soldaten, und Hungerjahre
sollten folgen: Eine Periode der Stadtgeschichte, die wie jene des Dritten Reichs vor dem

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