http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0049
haus gewesen sein, in dem sich zahlreiche Altäre und mindestens 16 Priesterstellen
befanden. Zu Ende des Mittelalters wurde die Kirche durch Rheinkatastrophen zerstört, so
daß man 1527 die Kirche der Franziskaner als neue Pfarrkirche auswählte.
Die Priester und Kapläne wohnten in unmittelbarer Nähe des Gotteshauses. In Neuenburg
kam es. wie in anderen Städten auch, im Bereich der Pfarrkirche zur Ausbildung eines
geistlich geprägten Stadtteils. Bei der Zerstörung der Kirche wurden auch zahlreiche
Wohnhäuser der Neuenburger Geistlichen in Mitleidenschaft gezogen.
Das zur Kaplanei. zur Kirchenbauhütte, den Altären und verschiedenen Stiftungen
gehörende Kapital wurde weitgehend in Häuser und Rentenbesitz investiert. 1404 waren
beispielsweise 13 über die ganze Stadt verstreute Häuser sowie landwirtschaftliche Besitzungen
mit jährlichen Zinsen zugunsten des Kaplans des Josefaltars belastet.
Das Neuenburger Spital erschien in den 1280er Jahren in Urkunden, als der Konstanzer
Bischof dem Stadtrat das Recht bestätigte, eigens einen Priester dort anzustellen. Diese
Einrichtung wurde nicht als Krankenhaus, sondern als Altersheim genutzt. Alle Belege
zeigen das Spital als einen größeren Gebäudekomplex einschließlich eines Trotthauses, der
im Bereich zwischen Münstergasse. Markt und Straße zum Rheintor zu suchen ist. Im Laufe
der Jahrhunderte gelangte diese Einrichtung durch Schenkungen und Stiftungen zu ansehnlichem
Besitz. Vermutlich wurden auch die Gebäude des Spitals zu Ende des Mittelalters
Opfer der Rheinkatastrophen.
Außerhalb der Mauern nördlich der Stadt befand sich das St. Georg Siechenhaus,
das zur Isolierung von Menschen mit ansteckenden Krankheiten errichtet worden war. Zu
seinem Unterhalt war es mit landwirtschaftlichen Gütern und Zinseinnahmen versehen, die
man ständig durch gezielte Investitionen und Arrondierungen ergänzte und ausbaute.
Siechenhäuser waren im Mittelalter weitgehend autarke Anlagen mit bäuerlichem Wirtschaftshof
. Zum Siechenhaus gehörte auch eine Kapelle mit vier Altären.
Das kurz vor Mitte des 14. Jahrhunderts in den Quellen faßbare Franziskanerkloster
lag im nordwestlichen Teil der Stadt. Eine Straße trug sogar den Namen
"Barfüssengasse". Wie zahlreiche Urkunden belegen, standen die Franziskaner in enger
Beziehung zur Neuenburger Bevölkerung, und die Bürger bedachten die Mönche mit
umfangreichen Schenkungen. Aus dem Urkundenmaterial ragt der ertragreiche Rentenbesitz
hervor, also jährliche Zinseinnahmen von Immobilien. So standen den Bettelmönchen
im 15. Jahrhundert Einnahmen aus circa 10 Häusern zu, die über die ganze Stadt zerstreut
lagen. Auf die Umwandlung der Franziskanerkirche zur neuen Pfarrkirche 1527 habe ich
bereits hingewiesen.
In Neuenburg existierte auch eine Almosenstiftung. Sie erscheint erstmals 1374
in den Quellen und war von Elsbeth Fürbachin als Kleiderstiftung eingerichtet worden. Als
Grundlage stellte die Wohltäterin Kapital und Güter zur Verfügung, deren Gewinn man in
Kleider investierte. Die Textilien verteilte man an die Armen.
Die Tennenbacher Mönche besaßen hier einen ausdrücklich als "residencia"
bezeichneten Stadthof. eine Herberge, zwei Häuser und eine Trotte. Der Stadthof lag
zunächst am Rande der Stadt bei der Stadtkirche, direkt an die Befestigung angrenzend.
Auffälligerweise resultierte dieser Besitz nicht aus einer Schenkung, sondern einem gezielten
Kauf durch die Mönche im Laufe des 13. Jahrhunderts. Ein aussagekräftiger Beweis für
das Engagement in dieser weit vom Kloster entfernt liegenden Stadt. Auffälligerweise wird
dieser Stadthof als Herberge bezeichnet. Außer Neuenburg ist eine derartige Einrichtung
Tennenbachs noch in den Baarorten Roggenbach und Villingen, Wasenweiler am Kaiserstuhl
und Ettenheim in der Ortenau belegt. Alle diese Ortschaften lagen an der Peripherie des
Tennenbacher Einflußgebietes und boten reisenden Klosterangehörigen letztmalig Unterkunft
auf vertrautem Terrain. Das Interesse Tennenbachs an Neuenburg erklärt sich daher in
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