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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 56
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0060
Die Geschichte der Inkas - als Wanddekoration in einem
ehemaligen Gasthaussaal in Weil am Rhein-Ötlingen *

Wolfgang Stopfel

Name und Schankgerechtigkeit des alten Gasthofes "Ochsen" im oberen Teil des Dorfes
Otlingen gingen schon im 19. Jahrhundert auf ein auf der anderen Straßenseite gegenüberliegendes
Gebäude über.

Der neue "Ochsen" ist weit berühmt, besonders wegen der herrlichen Aussicht ins Rheintal
vom Gasthausgarten aus. Daß auch der alte "Ochsen" in dem imponierend auf einem Hügel
über dem Rheintal thronenden Dorf Otlingen eine einzigartige Kostbarkeit birgt, war bisher
nicht bekannt.

Die ansehnliche Baugruppe des alten "Ochsen". Dorfstraße 97. besteht aus Wohn- und
Wirtschaftsgebäuden. In einem der Wirtschaftsgebäude hatte der Maler Hermann Daur. von
dem eine der schönsten Ansichten Otlingens stammt, sein Atelier eingerichtet. Es ist noch
erhalten, aber an seine ehemalige Funktion erinnert nichts mehr.

Die Hofanlage ist etwas versteckt gelegen und wird von der Straße her kaum wahrgenommen
. Im hochgelegenen Erdgeschoß des ehemaligen Gasthauses befindet sich über den
einstigen Pferdeställen noch immer der Gasthaussaal. Auch er war seit vielen Jahrzehnten
nicht mehr in seiner einstigen Funktion genutzt worden und diente als Abstellraum. Nun
sollte seine Fläche durch den Einbau einer kleinen Wohnung einerneuen sinnvollen Nutzung
zugeführt werden.

Bei der Besichtigung fiel allerdings die außergewöhnliche Wanddekoration auf. Was man
zuerst für eine dekorative Wandbemalung gehalten hatte, erwies sich als eine der berühmten
französischen Panoramatapeten des frühen 19. Jahrhunderts - und eine der ganz seltenen
dazu. Drei Wände des Saales waren mit der fast ganz vollständigen Tapetenfolge "Die Inkas"
bedeckt. Diese Panoramatapete ist 1826 von der Pariser Manufaktur Dufour et Leroy
herausgebracht worden. Sie wurde von 2112 einzelnen Druckstöcken in 83 Farben gedruckt
und stellt Szenen aus dem Leben der Inkas vor der Zerstörung ihres Reiches durch Pizarro
dar. Textvorlage für die Szenen war der Roman "Les Incas. ou la destruction de L'Empire du
Perou" von Jean Fran^ois Marmontel. Zur vollständigen Panoramatapete gehörten 25
Bahnen, jeweils 53.5 cm breit. Diese Bahnen sind noch jeweils aus einzelnen Papierbogen
zusammengeklebt, denn die Verwendung der "Endlos-Papierrolle" für den Tapetendruck
beginnt erst 1829 bei Dufours Konkurrenten Zuber in Rixheim. Die beiden Manufakturen
von Dufour, zuerst in Mäcon, dann in Paris, und von Zuber, in der ehemaligen Deutschor-
denskommende Rixheim bei Mulhouse im Elsaß, waren die bedeutendsten Produzenten der
Bildtapeten zwischen 1800 und 1860. Die Priorität ist wohl Joseph Dufour zuzuschreiben,
der die Reihe der raumfüllenden Bildtapeten noch in Mäcon im Jahre XIII der französischen
Republik (1804/05) mit der Herausgabe der "Wilden des Pazifik", später genannt "Die
Reisen des Kapitäns Cook" in 20 Bahnen begann. Schon 1806 nimmt sich Zuber eines ähnlich
exotischen Themas mit seiner Tapete "Hindustan". ebenfalls in 20, aber etwas breiteren
Bahnen, an.

Die weitere Geschichte der Panoramatapete ist in mehreren Büchern ausführlich dargestellt
. Diese besondere Art der Wanddekoration in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird

* Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichlenblatt des Landesdenkmalamtes. 18. Jahrgang. 1989. S. 170 ff.
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Landesdenkmalamtes und des Verfassers.

Der Aufsatz wurde gegenüber der Veröffentlichung im "Nachrichtenblatt" um einige Fotos des Landesdenkmalamtes bereichert.

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