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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 59
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0063
auf zwei Quellen zurückgeführt. Genannt werden einmal die gemalten Wandverkleidungen
des 18. Jahrhunderts, die zuerst als Nachahmung von Gobelins, gemalt auf rauhem Leinen,
dann aber freier auf Papier oder auf dem Putz Darstellungen von Landschaften. Begebenheiten
. Jagden. Schloß- und Stadtprospekten enthielten, die letztlich auf die illusionistische
Wandmalerei in Renaissance-Palästen zurückgehen und als Gemeinsamkeit haben, daß sie
die Zimmerwände auflösen in dem imaginären Blick in eine weite Landschaft (die modernen
Fototapeten haben ja einen ähnlichen Effekt). Als zweite, nähere Quelle für die Panoramatapeten
wird das Panorama selbst genannt, das Schauhaus, in dem der Besucher im
Mittelpunkt eines Rundgemäldes steht und sich vorstellen kann, er befände sich im Zentrum
einer Landschaft oder im Mittelpunkt eines historischen Ereignisses. Ein solches Panorama
mit der "Belagerung von Toulon" befand sich seit 1799 in Paris.

Es könnte ja viel gesagt werden über die Panoramatapete, über ihre Themen, die aus der
Geschichte, der Ethnographie, auch aus literarischen Vorlagen gezogen wurden. Es wäre die
bewundernswerte Technik zu erwähnen, die den präzisen Druck mit so vielen Druckstöcken
und Farben immer raffinierter gewährleistete. Sinn dieses kurzen Berichts soll jedoch nur
sein, die Ötlinger Tapete kurz vorzustellen.

Nach ihrer hoffentlich zu einem guten Ende geführten Restaurierung ist vielleicht die
Gelegenheit zu einer ausführlicheren Würdigung und historischen Einordnung gegeben.
Eines ist nämlich festzustellen: Der umfangreichen Behandlung der Panoramatapeten in der
Spezialliteratur steht eine erschreckend kleine Anzahl von noch an ihrem ursprünglichen
Anbringungsort erhaltenen Tapeten gegenüber. Erst jüngst, in Heft 2 der Zeitschrift für
Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 1989, hat Verena Baumer-Müller den
Versuch einer Bestandsaufnahme der Panoramatapeten in der Schweiz unternommen. Sie
kann 42 erhaltene Tapeten der verschiedenen Manufakturen nachweisen, davon vollständig
oder fast vollständig nur 23: und nur ebensoviele hängen heute noch an ihrem Anbringungsort
oder sind wenigstens dort aufbewahrt. Zehn Tapeten, die sie aus der Literatur kennt, sind
in den letzten Jahrzehnten "verschollen", was in vielen Fällen sicher heißt, zerstört worden.

Die Ötlinger Inka-Tapete ist in der Schweiz überhaupt nicht nachweisbar. Und nach
Auskunft von Herrn Dr. Mick, dem Leiter des Deutschen Tapetenmuseums in Kassel, sind
auf der ganzen Welt überhaupt nur noch elf. meist unvollständige Exemplare der Inka-Tapete
außer der Ötlinger nachweisbar, davon keines in Süddeutschland, drei in Norddeutschland,
die übrigen über die ganze Welt verstreut. Daß diese Tapete in Otlingen noch in ihrer
ursprünglichen Anordnung erhalten ist. stellt sich als ein ganz besonderer Glücksfall heraus.

Bisher ist im Regierungsbezirk Freiburg nur noch ein weiteres Beispiel für Panoramatapeten
bekannt: Ein Raum des 1812 erbauten Schlößchens Dautenstein in Seelbach bei Lahr
ist mit verschiedenen Szenen aus einer 1815 bei Zuber erschienenen Tapete mit nach der
Natur gezeichneten Schweizer Ansichten dekoriert.

Diese "La Grande Helvetie" genannte Folge gehörte mit den bereits seit 1804 bei Zuber
gedruckten "Les vues de Suisse" zu den erfolgreichsten Tapeten dieser Manufaktur.
Naturgemäß sind sie auch in der obengenannten Schweizer Liste am häufigsten vertreten.
Auch im Schloß Schwetzingen sind u.a. diese Schweizer Ansichten in einem Zimmer
tapeziert.

Daß in Dautenstein nicht die ganze Folge angebracht, sondern nur Teile davon mit
Wiederholungen geklebt wurden, ist nicht ungewöhnlich. Da eine Folge von 20 Bahnen nur
insgesamt 10 m lang ist, war man in einem größeren Zimmer ohnehin gezwungen. Szenen
zu wiederholen. Dieser Notwendigkeit trugen die Tapeten schon Rechnung. In der Regel
waren die einzelnen Szenen, die immer mehrere Bahnen umfaßten, durch Baumgruppen so
voneinander geschieden, daß ohne weiteres am Ende die Folge wieder beginnen konnte oder
je nach Größe der einzelnen Wände eines Raumes verschiedene Szenen kombiniert werden

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