Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 117
(PDF, 33 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0121
Was ist. so fragen wir uns nun. das Geheimnis der Wirkung des "Hausfreundes?" Es ist das
gleiche, das auch die alemannischen Gedichte zu wahren Volksgedichten machte: Schlichte,
treuherzige Aufrichtigkeit der Gesinnung, stille Einfalt in der Diktion. Anschaulichkeit der
Bilder. Vertrautheit der Schauplätze, kurz, volkstümliche Echtheit und Natürlichkeit,
denken wir nur an das bald eindringliche, bald heiter-liebenswürdige "Merke!", oder an die
Diktion, die so ganz selbstverständlich klingt und doch Frucht mühsam erarbeiteter
Komposition ist. einer Komposition, bei der bewußt erlebtes und gestaltetes Volkstum Pate
gestanden hat. Mit seiner Hilfe vermag es Hebel nun. sein großes Anliegen Gestalt werden
zu lassen, die Einheit aller Dinge, des Makrokosmos wie des Mikrokosmos, aufzuzeigen. "Es
ist nichts lehrreicher als die Aufmerksamkeit, wie in dem...Leben alles zusammenhängt."
Über allen Erscheinungen dieses Lebens aber steht: "Die ganze Natur wird zum Tempel des
Vaters aller Wesen, in dessen Händen des Menschen Schicksal ruht."

"Und wem scho wider, eb's no tagt,
die schweri Sorg am Herze nagt,
du armer Tropf, dy Schloof isch hi!
Gott sorgt! Es war nit nötig gsi."

1815 legt Hebel die Arbeit am Kalender nieder. Seine nun frei werdenden Kräfte regt er
ganz für die Erziehung seiner Zöglinge, und so wird neben dem dichterischen und allgemeinpädagogischen
Volkserzieher Hebel jetzt auch der Berufspädagoge und Lehrer.

Hebel liebte das Unterrichten und verstand die Jugend. Der Vergleich mit dem Bildhauer,
der mit feinen Händen seinen Ton formt, sei hier erlaubt. Die Fähigkeit, mit der Jugend jung
zu sein, hat sich Hebel bis ins Alter erhalten, wie seine entzückenden Briefe an seine
Patenkinder beweisen. Er konnte in den jungen Herzen lesen, und die humorvolle Güte, die
er im Umgange mit seinen Schülern zeigte, ist ein schönes Zeichen seiner Menschenkenntnis
. Er war beispielsweise kein Anwalt der Ohrfeige zur rechten Zeit, ihn hat mehr die
Ohrfeige zur unrechten Zeit bewegt, wie die Geschichte "Vater und Sohn" beweist:

"Der Vater stellte ein Gläslein voll Arznei in die Schublade, weil er glaubte, sie sei
nirgends besser verwahrt. Als aber der Sohn nach Hause kam und die Schublade schnell
aufziehen wollte, fiel das Gläslein um und zerbrach. Da gab ihm der Vater eine zornige
Ohrfeige und sagte: 'Kannst Du nicht zuerst schauen, was in der Tischlade ist. eh Du sie
auftust?' Der Sohn erwiderte zwar. nein, das könne niemand. Aber der Vater sagte: 'Den
Augenblick sei still oder Du bekommst noch eine!' "Und nun folgt ein herrliches Merke:
"Man ist nie geneigter. Unrecht zu tun. als wenn man Unrecht hat. Recht ist gut beweisen.
Aber zu Unrecht braucht man schon Ohrfeigen und Drohungen zum Beweistum."

Hebel nahm sich der jungen Menschen an. und das Band, das er mit ihnen knüpfte, wurde
mit ihrem Austritt aus der Schule nicht zerrissen. Erhalten ist aus der Lörracher Zeit die
Consignatio discipulorum, die Hebel für die Anstaltsakten und für sich selbst angefertigt hat.
Das sind keine kalten Zensuren, sondern natürliche und lebendige Charakteristiken über
Mores. Studium, Ingenium, und aus den trefflichen Bemerkungen liest man deutlich, daß
dieser Pädagoge sich nicht täuschen ließ. Humorvoll wie immer unterscheidet Hebel
zwischen dem wirklich Dummen, aber Willigen, dem bieder und naiv Fleißigen, aber nicht
sehr Begabten, und dann dem Übermütigen, gar nicht in die Schule Passenden, aber eben
unleugbar Intelligenten. Aber gerade an diesen Bürschlein leuchtet Hebels gleiche Freude
hindurch, wie sie später der Hausfreund am Zundelfrieder hatte.

Das Karlsruher Gymnasium bestand damals aus zwei Abteilungen. Die eine umfaßte die
jüngeren Schüler, welche sechs Klassen bildeten, die andere die drei oberen Klassen, welche
den Namen Exemten führten. Hebel wurde an der obersten und zweitobersten Klasse der
unteren Abteilung beschäftigt. Er gab Latein und Griechisch, führte die Schüler ins

117


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0121