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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 118
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Hebräische ein und erteilte auch in einigen Realfächem Unterricht. Über die erste Tätigkeit
berichtete später ein Schüler: "So wenig bekannt Hebel noch war, als er in die Residenz kam.
so erlangte man bald die Überzeugung, daß ein vortrefflicher Lehrer für die Residenz
gewonnen sei. Nicht nur in denjenigen Lehrgegenständen, in welchen er bereits gründliche
Kenntnisse besaß, wie in der lateinischen und griechischen Sprache, sondern auch in solchen,
in die er sich selbst einarbeiten mußte, wie bei der hebräischen Sprache, lehrte er mit dem
besten Erfolge. Man bewunderte an ihm die Kunst, auf eine ebenso leichte wie angenehme
Weise als mit reichem Segen zu unterrichten. Sein Blick war stets freundlich, seine Redekraft
nur lieblich, sein Ernst, wenn er ihn zeigen mußte, würdig, sein Vortrag lichtvoll und
deutlich. Wie ein Vater stand er unter seinen Schülern: alle Herzen, von Liebe und Achtung
ergriffen, waren ihm zugetan."

Im Hebräischen mußte sich Hebel selbst auf jede Stunde vorbereiten. Für die lateinischen
Stilübungen entwarf er sich eigene Texte und verwendete solche, die ihm geeignet erschienen
, und dieses "Stilbuch" wäre eine eigene Erörterung wert. Naturwissenschaftliche und
geographische Stoffe wechselten mit Stücken der Sitte und Lebenslehre, reine Poesie mit
übermütiger Laune ab. Und in lateinischer Fassung steht zuerst im Stilbuch der später
klassisch gewordene und unvergleichliche "Kannitverstan."

Der Aufsatzunterricht war Hebels Stärke. Als Aufsatzkorrektor wurde er von einem
Schüler folgendermaßen charakterisiert: "Selbst ein Meister der Form, war er der rechte
Mann dazu: er hielt auf kurze Sätze. Einfachheit des Ausdrucks, streng logische Scheidung.
Eingehend lehrreich war namentlich die Art. wie er die Auswüchse und Überschwenglichkeit
wegschnitt, wie man mit der Schere eine Gartenhecke ausputzt, und uns begreiflich machte,
daß die Hälfte oft mehr sagt als das Ganze. So verarbeitete er den Stoff mit uns..., ließ jeden
etwas beitragen, sichtete, ordnete, faßte zusammen, und in der nächsten Lehrstunde reichten
wir unsere Aufsätze ein."

Das didaktische Geschick und die ungekünstelte, fühlbare Menschlichkeit trugen auch in
Karlsruhe reiche Früchte. Hebel stieg die Stufenleiter der Beförderung stetig empor. Das Jahr
1808 brachte die Ernennung zum Direktor der jetzt Lyceum genannten Anstalt. Aber für den
Lehrer war es wichtiger, daß sich die Schüler stets dankbar seiner erinnerten. Nach äußeren
Ehren hat er nie getrachtet. "Gebrauche nie ein hartes Wort, wo ein glimpfliches seine
Dienste tut!" war der Leitsatz seines Handelns. Wenn es aber not tat, konnte er seine Würde
sehr nachdrücklich und erfolgreich einsetzen. Er schreibt: "Aber einer von ihnen (den
Schülern) sagte daheim, es sei ihnen gar kurios geworden, als ich sagte: Diesmal noch und
zum letztenmal spricht der warnende Freund. Wenn ihr aber in einer halben Stunde nicht
Order pariert, so läßt der Direktor die Schnur am Boden laufen, sagte ich. Tut. was ihr wollt!
Sie ließen es nicht darauf ankommen. Manchmal sagten sie zu anderen Leuten, er muß auch
alles einmal mitgemacht haben, weil er alles sogleich merkt und weiß."

Nie hätte Hebel sich bereit gefunden, über junge Menschen den Stab zu brechen in einer
leichtfertigen Weise und damit eine Laufbahn frühzeitig zu beenden. Sein Verantwortungsgefühl
und seine Einsicht spiegeln sich in einem Briefe an einen Vater vom Jahre 1817 wider:
"Es ist nichts Seltsames, daß auch gutgeartete Jünglinge, von denen man viel erwarten darf,
eine Zeitlang auf Abwege geraten und durch eigene Besinnung, durch Zuspruch und
Erfahrung gebessert, sich bald wieder erholen. Aber das Bedenkliche ist mir, was ich von
Ihnen erfahre, sein Betragen gegen die Eltern, nicht nur an sich, sondern auch durch die
Ursache derselben. Denn Unart. Grobheit. Schnoddrigkeit des Kindes setzt immer und
unfehlbar Schwäche der Eltern und frühe Erziehungsfehler voraus, deren Folgen fast ebenso
unheilbar sind als die Schwäche selbst. So ein Sohn hat seinen Vater schon lange gemessen
und weiß, was er ihm zumuten kann und wie er zu zwingen ist. und raten ist schwer." Diese
Worte zeigen, daß Hebel dieses Problem an der Wurzel erkannt hatte. Aber er müßte nicht

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