Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 1.1991
Seite: 146
(PDF, 33 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0150
wurde. Man glaubte anfangs, die Fruchternte würde ersetzen, was an Erdöpfeln abgehe. Allein
man überzeugte sich bald vom Gegenteil. Denn Korn. Weizen und Roggen stand dünn und gab
gering aus: die Gerste blieb klein, sodaß sie auf manchem Acker gerupft werden mußte: Obst
gab es keins. Nur die Rüben. Kohl und sonstige Gemüse gerieten und es wurde viel Sauerkraut
gemacht. Der Wein geriet mittelmäßig und wurde wegen seiner Süße mit 20.27 bis 30 Gulden
bezahlt. 18 Gulden galt derselbe an den geringsten Orten.

Diese Umstände zusammen zeigten uns im voraus, daß wir die Teuerung vom Jahr 1817-
wo der Sack Kernen 66 Gulden galt und bereits keiner mehr zu bekommen war- wieder in
Aussicht haben. Man fing zw ar zeitig an, sich darauf zu versehen: man sparte an allem, schaffte
die überflüssigen Dienstboten ab, sparte an den Lebensmitteln und am Futter, kaufte Gemüse
und Erdöpfel ein: aber schon alles um teuren Preis. Der Sack Kernen galt im Spätjahr 1846 18-
20 Gulden, die Erdöpfel 6-8 Gulden. Um Christi Himmelfahrt wurde in Lörrach der Kernen
mit 33 fl. bezahlt und die Erdöpfel bekam man nicht mehr um 10 fl.

Im Jahr 1817 und nachher behaupteten viele, es könne keine Teuerung mehr geben wie
damals, weil der Krieg alle Vorräte aufgezehrt habe und das Jahr 1816 immer regnerisch und
naß war und alles übel ausgab. Hätten die Erdöpfel die Krankheit dort auch schon gehabt, wie
jetzt, so wären Tausende und Abertausende Hungers gestorben, wie gegenwärtig in Irland.
Aber vom Hungerjahr 1817 an entstand gleichsam ein neuer Abschnitt im Feldbau: man
pflanzte viel mehr an als früher und wartete den Gewächsen mehr ab. was eine Folge war, daß
die Erdöpfelkrankheit im Jahr 1845 die Leute nicht überraschte und noch kein Aufschlagen der
Erzeugnisse und Lebensmittel zur Folge hatte. Erst als im Jahr 1846 die Erdöpfel wieder krank
wurden und die Frucht gering ausgab, wurde die Not bereits so fühlbar, wie 1817.

Zum Lobe unserer vortrefflichen Regierung muß hier erwähnt werden, daß sie kein Opfer
scheuete. die Not zu lindern. Es wurden mehrere Tausend Säcke Roggen und Weizen aus
Amerika und Rußland zugeführt und in den Speichern aufbewahrt, welche dann nach
Bedürfnis den Gemeinden um billige Preise abgegeben wurden: besonders richtete sie ihr
Augenmerk auf die Saatzeit im Frühjahr 1847.Es wurde nicht nur Samengerste und Samen-
Erdöpfel abgegeben und Sorge getragen, daß jeder anpflanzen mußte, sondern es wurde auch
für Hülsenfrüchte und Reis hinlänglich gesorgt. Und nur dieser väterlichen Fürsorge hatten wir
es zu danken, daß um Pfingsten die Frucht um 3 fl. fiel.

Die hiesige Gemeinde fühlte zwar keine große Not. Die Armen -17 Personen- nahmen die
reichen und bemittelten Bürger in Kost. Den Handwerksburschen, welche herdenweise
erschienen und den Winter hindurch einen schier vom Haus trieben, wurde eine Collekte von
den Einwohnern gesammelt, zu welcher Herr Fabrikant Geigy ein namhaftes beitrug. Und so
erhielt jeder 4 Bazen, durfte aber weiters nicht fechten.

Die größte Not soll auf dem Schwarzwald und im Odenwald gewesen sein: denn trotz dem.
daß sie auch an Lebensmitteln Zufuhren erhielten wie wir, waren sie doch genötigt. Pferdefleisch
zu essen. Und sie waren froh, wenn sie nur kriegen konnten. Man sagt, das Pfund sei
zu 3 Bazen abgegeben worden und andere sollen verlochte Pferde wieder ausgegraben und
gegessen haben. Viele Schwarzwälder suchten Arbeit in der Fremde. Man sah oft Herden nach
Istein gehen, um an der Eisenbahn zu arbeiten: andere gingen in entferntere Gegenden, allein
es war die Teuerung überall fühlbar und nirgend großer Verdienst. Doch hörte man nichts von
Brotrevolutionen in unserem Land, wie in Preußen. Schlesien und Württemberg, wo sich der
Pöbel Exzesse erlaubte, welche nur durch das Militär abgewendet werden konnten.

Der Winter 1846-47 w ar nicht strenge: Grundeis ging nie und die Monate Februar und März
waren leidlich, blos wollte die zum Setzen erforderliche Wärme nicht kommen: es gingen
immer kalte Winde und wann nicht Regenwetter war. so gefror der Erdboden: diese Witterung
hielt an bis den 7. Mai und mit diesem Tage kam die Wärme. Aber da hätte man sehen sollen,
wie schnell alles erwachsen war: denn 8 Tage später war der Roggen und 3 Wochen nachher

146


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-01/0150