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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 38
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Navarra. Als dieser im Oktober 1720 stirbt, wird der 26jährige Schöpflin zu seinem
Nachfolger gewählt. Durch ihn fand er den Weg zum oberrheinischen Späthumanismus,
während er durch Bernoulli dazu kam, die mathematische Deduktionsmethode auf geschichtliche
Beweisführungen anzuwenden.

Seine liberale Gesinnung läßt ihn auch den Kontakt mit Kardinalbischof Rohan-Soubise
pflegen (Straßburg war noch 1681 fast rein lutherisch gewesen, seit 1682 wirkte hier die
Gegenpropaganda der Jesuiten, 1726 ist etwa ein Drittel der Stadt katholisch). Anläßlich der
Hochzeit von Ludwig XV.'im Jahre 1725 hält Schöpflin, mit 31 Jahren jüngster Professor,
gewandt und ehrgeizig, neun Begrüßungs- und Festansprachen und knüpft wichtige Verbindungen
zu Vertretern der Höfe von Versailles, von Polen und von deutschen Fürsten. Schon
1727 wird er von Paris mit einer diplomatischen Mission nach England betraut. Ein 1739 für
das Außenministerium ausgestelltes Personalgutachten de Brou's hob seine Fähigkeiten als
Historiker, Universitätslehrer und Redner, seine Kenntnis des öffentlichen Rechts, der alten
und neuen Sprachen hervor, verwies auf sein freundliches Wesen, auf seine angenehme
Erscheinung.

1739 lehnt er ein Angebot Karls VI. ab, kaiserlicher Hofbibliothekar zu werden. Seit 1741
darf er sich mit dem Titel eines "Historiographie et Conseilleur du Roy" schmücken. Als
Ludwig XV. 1744 das Elsaß besucht, bereitet ihm der sich absolutistisch gebärdende Prätor
Klinglin in Straßburg einen großartigen Empfang. Die Festansprache des Professors
Schöpflin findet jedoch weder beim Magistrat noch beim Prätor Anerkennung, da er beide
nicht genügend hervorgehoben hatte. Allerdings hatte er namens der Universität gesprochen.
Auf Betreiben Klinglins wird Schöpflins Rede in einem Flugblatt nach den Regeln französischer
Stilkritik und Rhetorik "verrissen". Als der Gescholtene dann das gegebene Thema
der Geburtstagsrede für den König ablehnt, über "Ludwig den Befreier" spricht, ohne vorher
den Text vorzulegen, wird er erneut heftig kritisiert. Man wirft ihm Unfähigkeit vor.
Daraufhin läßt er, unter Umgehung der Straßburger Zensur, seine Rede in Kolmar drucken.
Der Rat antwortet mit Schöpflins Entlassung aus dem Rhetorenamt. Verletzt wendet sich der
so Gedemütigte an den Kanzler DAguesseau. Dieser fragt im Februar 1746 bei Klinglin nach
den Gründen der Ratsentscheidung und beordert Schöpflin nach Paris. Dieser hat gerade
einen Ruf nach Leiden auf den Lehrstuhl des weltbekannten Rechtsgelehrten Vitrarius
abgelehnt. Inzwischen hatte Klinglin in einer langen, gehässigen Klageschrift berichtet,
darunter auch von "Verschwendung seiner Zeit mit antiken Studien und anderen frivolen und
unfruchtbaren Merkwürdigkeiten", und "Unfähigkeit in seinen Publikationen", auch "auf die
versprochene Geschichte des Elsaß warte man vergeblich". Der Kanzler widerlegt, nach
Rücksprache mit Schöpflin. die Vorwürfe und betont seine Wertschätzung.

Im Januar 1747 hält Schöpflin die Begrüßungsansprache bei der Reise der künftigen
Dauphine Prinzessin Maria-Josephine von Sachsen nach Paris und läßt sie ohne Zensur
drucken. Um dieselbe Zeit werden in einem Pamphlet Klinglins finanzielle Machenschaften
angeprangert. Die gerichtliche Untersuchung im Januar 1752 deckt Veruntreuungen auf,
Vater und Sohn kommen ins Gefängnis. Schöpflin war daran nicht ganz unbeteiligt.

Nach dem Sturz des Prätors ist Schöpflins Stellung unangefochten. Um mehr Freiheiten
für seine Forschungen zu haben, kann er Pflichtvorlesungen an einen Assistenzprofessor
abgeben. Als Gelehrter von Ruf hat er Umgang mit den Spitzen der französischen Militär-
und Zivilverwaltung, mit Bischof Ronan und zahlreichen oberdeutschen Fürsten. Schöpflin
besonders macht die immer noch überwiegend deutschsprachige Stadt - erst 1751 wird am
protestantischen Gymnasium Französisch Lehrfach - zum wissenschaftlichen Austauschort
zwischen Deutschland und Frankreich.

Auch den Fürsten seiner Heimat ist er verbunden. Seit 1752 besucht er regelmäßig den
Karlsruher Hof. nachdem er von Markgraf Karl Friedrich (1738-1811) den Auftrag erhalten

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