Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 64
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0066
Mit großer Wahrscheinlichkeit haben diese beiden Frankfurter Bürger von ihren Begegnungen
mit Johannes Gast in Frankfurt erzählt, so daß Johannes Spies als Herausgeber (oder
der noch immer unbekannte Verfasser der Historia25') auf diese mündlich tradierten Berichte
aus der Sensationspresse Gasts zurückgreifen konnte.

Noch eindeutiger schließt sich der Kreis von Gast zu Spies, wenn wir daran erinnern, daß
Spies mit großer Wahrscheinlichkeit vor 1579 als Lohndrucker bei Johann und Sigmund
Feyerabend beschäftigt war.26' Sigmund Feyerabend aber war der Verleger der deutschen
Fassung von Johannes Manlius' "Locorum communium" (Frankfurt 1565). Die lateinische
Fassung erschien bereits 1562 in B a s e 1. Auf die Verwandtschaft zwischen der Faust-
Darstellung von Manlius und Gast hat bereits Frank Baron ausdrücklich hingewiesen.27' Wir
werden weiter unten ein Beispiel herausgreifen.

So ergibt sich - wenn auch noch nicht mit letzter historischer Sicherheit - eine recht
deutliche (biographische) Beziehung von dem Basler Reformator Gast zu dem "reformationsfreundlichen
" Frankfurter Verleger Spies: einerseits über die mündliche Träditionslinie
Gast-Humprecht/Martroff-Spies. andererseits über die schriftstellerisch-verlegerische Gast-
Manlius-Feyerabend-Spies.

Neben seinen berühmten "Sermones convivales" ist Gast durch sein Tagebuch bekannt
geworden. Gasts Diarium "ist schon längst als wichtige zeitgenössische Quelle geschätzt und
benützt worden, zuerst (...) von Wurstisen, später von Johannes Gross, dem Basler Chronisten
des 17. Jahrhunderts, besonders reichlich von Peter Ochs."28' Dieser schrieb im Vorwort
seiner Basler Geschichte: "Johannes Gast war Prediger bey St. Martin um das Jahr 1531 und
folgende, ein eifriger Schüler des Oekolampadi. Sein Tagebuch ist eine gute Abschilderung
seiner Zeiten."29' Das Original dieses Tagebuchs ist vermutlich nicht mehr auffindbar. Wir
kennen nur noch die (kommentierende und exzerpierende) Abschrift des Johannes Tryphius,
Pfarrer zu St. Leonhard in Basel (1587-1617). Das Manuskript liegt in der Basler Universitätsbibliothek
in einem Sammelband, in dem drei Manuskripte vereinigt sind: das Tagebuch,
die "Apophtegmata morientium" von Tryphius und eine "Chronologie Helvetica" (Kirchenarchiv
Manuskript 107 der Universitätsbibliothek Basel).30'

1856 wurde Gasts Tagebuch zum ersten Mal in der Übersetzung und mit dem Kommentar
von Buxtorf-Falkeisen in Basel gedruckt.''' Paul Burckhardt sah 1945 die Notwendigkeit
einer Neuübersetzung, die er dem lateinischen Original gegenüberstellte.32' Seine ausführliche
Einleitung und seine umfangreichen Fußnoten gehen weit über die Arbeit Buxtorf-
Falkeisens hinaus.

Gasts Tagebuch ist durch vier Faktoren bestimmt:

- Es ist zunächst persönliches Zeugnis, "Autobiographie": wirtschaftliche Not. familiäre
Sorgen, berufliche Enttäuschungen Gasts werden immer wieder notiert.

- Es ist eine Sammlung von Skandal- und Kriminalgeschichten, die fast immer durch die
Akten bestätigt werden können.

- Das Tagebuch ist auch christlich-moralische Literatur, Klage über die fehlende Frömmigkeit
der Menschen, Warnung vor Sünde und Gottlosigkeit.

- Und schließlich ist das Tagebuch immer wieder auch "Stoffsammlung für projektierte
Schriften".331

Im Vorwort zum zweiten Band der Sermones schreibt Gast, daß er verschiedene Geschichten
aus seinem Tagebuch entnommen hat.34' Gerade dieser Hinweis ist für uns von großer
Bedeutung. Sind wir auf der Suche nach dem Stellenwert und dem Hintergrund der Faust-
Passagen aus den Sermones, so ist es notwendig, das Tagebuch heranzuziehen. Wir dürfen
sogar mit großer Sicherheit annehmen, daß in den (verschollenen?) Teilen des Tagebuchs
weitere Hinweise zu Faust aufzufinden wären.

64


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0066