Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 77
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0079
der Bischof Johann von Venningen (gestorben 1478) mehrmals an diesen Festivitäten teilgenommen
hat.57' So wird die antikatholische Spitze dieser Historia-Stelle erst richtig
deutlich. Auch sie hat ihren geistigen Ort im Basel des 16. Jahrhunderts.

Erinnern wir uns: In Basel wurde 1529 die Reformation eingeführt (siehe oben), - aber
unter welchen Begleiterscheinungen! "Der Bildersturm am späten Nachmittag der jungen
Fasnacht von 1529 (am Tag vor Aschermittwoch) (spielte sich) unter dem Einfluß reichlichen
Weingenusses ab. Die rund 300 Bürger, die sich berufen fühlten, die Reformation in
Basel auch an kultischen Gegenständen zu vollziehen, wüteten barbarisch im Innern des
Münsters."58' Basler Fasnacht und (Einführung der) Reformation fallen hier also chronologisch
und sachlich zusammen. Damit scheint also die alte These - die Basler Fasnacht und
die Reformation miteinander in Verbindung zu bringen - bestätigt. Weiter oben haben wir
schon darauf hingewiesen, daß die "Entheiligung" des Aschermittwochs bereits vor der
Reformation vollzogen wurde. Für unseren Zusammenhang (Fasnacht - Gast - Faust -
Historia) ist die Tatsache von Bedeutung, daß für 1529 der "reichliche Weingenuß" von den
Chronisten so stark betont wird. Solche "Ausschweifungen" aber - über Aschermittwoch
hinaus - waren im 16. Jahrhundert an der Tagesordnung. So trafen sich am Aschermittwoch
des Jahres 1544 70 Zunftbrüder zu einem Mittag- und Abendessen, um Kraut. Heringe.
Obst, Käse. Meertaubensuppe und Fische zu verspeisen, so daß die Obrigkeit einschreiten
mußte.59' Auch das Verkleiden gehörte selbstverständlich zu den "Fasnachtstätigkeiten", die
im 16. Jahrhundert beliebt waren - zum Leidwesen der städtischen Autoritäten, - so wird im
Februar 1555 ein Student aus Basel ins Gefängnis geworfen und mit einer Geldstrafe belegt,
"weil er in einer Mummerei umgezogen (und) Mummenschanz getrieben und sich sonst ungebührlich
aufgeführt hat."60'

Wenn Johannes Gast seinerseits die Fasnacht verurteilt, so tut er dies aus seiner obrigkeitstreuen
, reformatorischen (zwinglianischen) moralischen Grundeinstellung heraus. Diese
wird auch ersichtlich, wenn es um die Bewertung von Schau- und Fasnachtsspielen geht,
denen Gast 1546 einige Tagebucheintragungen widmet (z.B. 2. April. 23. Mai. 6. Juni, 9.
Juni): der Skeptiker Gast kann diese Schauspiele offensichtlich nur gutheißen, wenn die
Kostüme "anständig" (23. Mai 1546, S. 53 der Buxtorfschen Übersetzung)61' und die Veranstaltungen
grundsätzlich von der Obrigkeit, also dem Rat der Stadt, zugelassen waren (6.
Juni 1546. S. 271).62'

Historia und Gasts schriftstellerische Äußerungen berühren sich in ihrer Grundabsicht.
Sensatiönchen. theologische Belehrung und Kampf gegen die Sittenverderbnis wirkungsvoll
miteinander zu verbinden. Der politisch konservative Charakter darf dabei bei Gast nicht
übersehen werden; so trug Gast am 6. März 1546 in sein Tagebuch ein: "Vor zahlreichen
Zuschauern und einer großen Menschenmenge wurde in Kleinbasel das Spiel von Abraham
aufgeführt. Maskierte waren durch öffentliches Mandat ausgeschlossen" (S. 263).

Und 11 Tage später (17. März 1546): "Die. welche unter Mißachtung des Ratsmandates
an der Fastnacht sich nicht scheuten, mit Larven in der Stadt herumzulaufen, werden in Haft
gebracht" (S. 263).

Paul Burckhardt weist in einer ausführlichen Fußnote auf den Hintergrund dieser Tagebucheintragung
hin: "Das Mandat vom 1. März 1546 (...) verbot ausdrücklich, daß man nach
"Eschermittwuchen" Fastnacht halte oder auf Gesellschafts- und Zunfthäusem kochen und
zehren lasse: erlaubt sollte es sein, wenn gute Herren und Gesellen ohne der Zunft Kosten
in Zucht und Ehren beieinander essen wollten. Namentlich war geboten, "daß man ganz kein
fasnachtsbutzen. pfiffen noch Trumen bruchen. sonder der dinsen aller muessig stan solle"
(...)63).

Vier Jahre nach dieser Tagebucheintragung finden wir in Gasts "Sermones convivales. III.
Band" seine wohl eindeutigsten Sätze zum Thema "Fasnacht". Sie machen noch einmal klar.

77


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0079