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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 78
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0080
daß Fasnachtskritik gleichzeitig Kritik an unmoralischer jugendlich-bürgerlicher Verhaltensweise
und an der katholischen Kirche bedeutet. In der Buxtorf-Falkeisen-Übersetzung
lautet diese Stelle:64'

"Also (bei einem "Thurm auff dem Berg bei Steinen") schlugen sich die versamleten
jungen Knaben mit einander mit ihren brennenden Fackeln bis auff s Blut, haben auch
einandem zu öfftem Mahlen solchen Schaden zugefügt, daß ein Ehrwürdiger Rath der Stadt
deswegen ein Einsehen thun müssen und eine Erkhandnuß ergehen lassen, daß solches
fürderhin solle abgeschafft sein. Gleichwohl aber regt und erzeigt sich diese alte, einmahl
eingewurzelte böse Gewohnheit noch immerhin bis uff jetzige Zeit (...)

Etliche vermeinen, es sey das Faßnachtsfest zur Zeit des Papstumbs von den Alten an
disem Orth gehalten worden. (...) Ebener Massen wie auch noch zur Zeit an pabstischen
Orthen herumb das Bauersvolk an der alten Faßnacht zusammen kompt und mit brennenden
Fackhein auff die Berge steigt."

Eine letzte Stelle aus den Historia-Fasnachtsgeschichten Fausts soll unsere "Indizienkette
" abschließen:

Während der Fasnachtstollereien verkleiden sich die Studenten, ziehen weiße Hemden an
und gehen "kopflos" durch die Straßen, "darob die Leute gar sehr erschraken. Als aber die
Herren, bei denen, da sie das Küchlein geholt, sich zu Tisch gesetzt, hatten sie ihren Schein
wiederum, und kennet man sie bald darauf (S. 92).

In der Geschichte der Basler Fasnacht spielen diese Fasnachtsküchlein eine bedeutende
Rolle: "Der Anreiz, sich das laubblattdünne. scheibenförmige Naschwerk zu Gemüte zu
führen, lag ursprünglich allerdings nicht nur im Verspeisen des Gebäcks, sondern auch in der
Beschaffung. Diese vollzog sich durch das sogenannte Küchleinholen."65)

Im Jahre 1546 - im gleichen Jahr also wie Gasts oben zitierter Tagebucheintrag! - berichtet
der Rektor der Universität Felix Platter von diesem Basler Brauchtum, weitere Quellen des
16. Jahrhunderts belegen diese Bedeutung des Fasnachtküchlein-Holens: So wird 1540 von
einem Hutmacher berichtet, der bei einer jungen Frau das Küchlein holen wollte und ihr dabei
die Ehe versprochen haben soll. Die Sache kommt vor Gericht, wo der Hutmacher behauptet,
"kein Wort der Ee halb geredt" zu haben.'*1 Und schließlich erlaubt der Basler Rat den Genuß
von Fasnachtsküchlein nur noch den Insassen des Spitals.67'

Somit weist auch diese Historia-Stelle zurück nach Basel, an den Wirkungsort Johannes
Gasts.

Fassen wir zusammen:

Der Oekolampad-Schüler Johannes Gast nimmt eine wichtige Stellung im Prozeß der
Legendenbildung um Faust ein.

Biographische, zeitgeschichtliche und erzählmotivische Indizien, die wir aus Gasts
Tagebuch und den Sermones convivales entnahmen, führten zu einer genauen Beschreibung
der Rolle, die Gast in der Legendenbildung vom historischen Faust zur Historia von 1587
(und 1599) spielte.

_ S


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