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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 92
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lustiges Lärmen: die Auskehr ihrer animalischen Instinkte aus dem leeren Nichts ihrer Seele.
Ich muß sie wohl bei der Betäubung ihrer inneren Stimme gestört haben. [...]

30. VIII. 15

Dienstfreier Sonntag. Vormittags allein auf der Burgruine Roetteln; nachmittags auf dem
Hünerberg und in den Wäldern. Endlich konnte ich einmal aufatmen! Nachdem ich wochenlang
mein Gehim mit der Monotonie und dem Zwang immer gleicher Kommandos, mein
Empfinden mit dem leeren Treiben der Kameraden und dem übelriechenden Gemeinschaftsleben
habe anfüllen müssen, empfand ich körperlich, wie in der Stille der Landschaft diese
Dinge allmählich von mir abfielen.

Auf dem Hünerberg hatte ich eine fesselnde Aussicht auf das schmale Wiesental. das den
Schwarzwald zur Rheinebene führt. Die Weite des Sees und die im Dunst gelösten Uferhügel
gewohnt, fühlte ich diese großen, vollwirklichen Massen beengend auf mir lasten. Gern
wandte ich das Auge von diesen dem Gefühl fremden Bergen den Grat der Tüllinger Höhe
entlang ins offene Rheintal, das ein Mittleres war zwischen dem ungewohnt Fremden und
dem ersehnt Bekannten [...] Das stille Glück dieser Stunde wollte mich bereden, daß das
ganze Soldatsein erträglich werden müßte, sobald es mir gelänge, mein geistiges Vermögen
an ihm zu verhaften und es dadurch zu einem Teil meines Wesens zu machen. Aber bei jedem
Versuch, von der restlosen Hingabe an den gegenwärtigen Augenblick zu leben, den
Vorgängen im Dienst, der neuen Gemeinschaft meine ganze Aufmerksamkeit, Verstand,
Gefühl. Tatwillen zu widmen, gleitet mein Werben fruchtlos ab. Denn irgend eine geistige,
sich hingebende, verarbeitende, entäußernde Tätigkeit ist unmöglich bei einem unpersönlichen
, ja unmenschlichen Dienst, der die menschlichen Kräfte weniger gebraucht als
verbraucht [...]

3. DC. 15

[...] Ich ging dann in einer heftigen Erregung das Wiesental hinauf. [...] Allmählich
beruhigte mich die Landschaft. Ich habe nie so herzzerreißend die Zwiespältigkeit des
Menschen gefühlt, und daß sie gerade auf der Kraft beruht, die ihn über alle Naturgesetze
hinaushebt: auf seinem Streben zum selbstgeschaffenen Gesetz [...]

4.IX. 15

[...] Ich wurde heute so durch den Dienst erschöpft, daß ich das Gefühl hatte, in ein völlig
unmenschliches Joch eingezwängt zu sein. Während ich so aus den letzten Atemzügen
Rebellion keuchte, erschienen plötzlich feindliche Flieger über L... und ich mußte mich
fragen, ob dieser Militarismus nicht zu billigen ist als das Mittel, welches das schöne Land
vor der Zerstörung bewahrt. Ich fühlte mich selbst in das Lebensniveau der sinnlichen
Empfindungen und des materiellen Besitzes hinabgleiten, auf dem die Menschen diese Frage
instinktiv bejahen müssen [...] Wir haben nur die Wahl zwischen der Würde unserer
Menschheit und dem System des Militarismus.

17.IX. 15

Ausmarsch, ohne zu wissen, wohin. Ganz auf das Affenmäßige in sich beschränkt werden.
Stundenlang nachtreten, wie ein Kamel in der Halfter - eine neue Abscheulichkeit des
Dienstes.

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