http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0095
Ich sah die Schokoladenfabrik von Suchard. Welch eine Fülle von Schweiß, von schmerzhaftem
Nervenverbrauch, von kümmerlichstem Sklavendasein zur Herstellung einer Süßigkeit
. Unter diesem Anblick möchte man sie mit einer Handbewegung aus dem Konsum der
Menschen streichen [...]
25.IX. 15
Morgens Ausmarsch nach dem Weidhof! Felddienstübungen. Leutnant R. will sich dafür
einsetzen, daß ich hier in L. bleibe [...] Unheimlich nagt das Wort und zernagt mir alle
Heimat, allen lieben Besitz...Fahnenflucht! - In mir tobt und brandet Pflicht gegen Pflicht,
Wunsch, Wille, Neigung wie eine sturmgepeitschte See. Ich weiß nicht, wie ich wieder zur
Ruhe kommen soll. - Ich weiß es und will es nicht wahr haben... Furchtbar, uferloses Wogen!
Furchtbarerdas Land der Zukunft - Fahnenflucht: heimatlos, lieblos, verlassen und allein im
endlosen Raum, in endlosen Schmerzen. Nein! Nein?... Chaos, geliebtes Chaos bleib! Flieh!
Flieh!
(Mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen: Max Raphael, Lebens-Erinnerungen
. Briefe, Tagebücher, Skizzen, Essays. Herausgegeben von Hans-Jürgen Heinrichs.
Frankfurt a. M. / New York: Edition Qumran im Campus-Verlag 1985. Seiten 67 ff.)
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