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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
53.1991, Heft 2.1991
Seite: 157
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1991-02/0159
Eine Episode schließt an. Kurze Zeit danach war Burte einer Einladung nach Badenweiler
gefolgt, wo er mit einer Tante v on Walther Rathenau ins Gespräch kommt. Es zeigt sich, daß
man in dessen Familienkreisen seine wirtschaftliche und politische Einstellung nicht sehr
schätzt. Doch Burte distanziert sich geschickt: er habe mit Rathenau nie politisiert. Bis zu
einem gewissen Grad möchte Burte in den nachfolgenden Resultaten Walther Rathenau von
seiner Sippe separieren. Bestätigt werden Burtes Vermutungen in einer weiteren Begegnung
mit Rathenau, wieder in Basel. Aufschlußreich, wie dieser seine Gegenspieler kritisiert:
Vertreter des Kapitals, er hat aber keine Bank: man hört ihn als Vertreter der Judenschaft,
aber er ist gar kein Gerechter...'.

Man beschloß, mit einem gemieteten Wagen nach Schloß Bürgeln zu fahren. Im Haltinger
Hirschen' und im Eimeldinger Ochsen' kehrt man ein, genießt Landschaft und Kultur, und
Rathenau gewinnt rasch seine alte Fassung bzw. Gelassenheit zurück. Eine Panne am Auto
gewährt beiden nochmals persönliche Gespräche. Rathenau bedauert, daß Burte keine
Novellen schriebe, und er berichtet von solchen selbsterlebten Stoffen, die er gerne gestalten
würde, hätte er mehr Talent und mehr Muße dazu. Zu guter Letzt kommen die beiden noch
auf den Kaiser (Wilhelm II.) zu sprechen: parallel zu Burtes Äußerungen im 'Wiltfeber'
konstatiert Rathenau: 'Die Macht ist nicht mehr bei dem Manne, sie ist bei der Masse...!'.
Oder 'Der Kaiser ist eine tragische Natur, hat immer die Träne im Auge, stets meint er es gut.
aber alles mißlingt ihm!' Mit einem Eichendorff sehen Exkurs wird dieses erneute Treffen
beschlossen: Auf Wiedersehen! - und er führ davon ... In seinem schinkelhaften Haus im
Grunewald am Königssee sollte ich ihn wiedersehen ... Rathenau war mir nahe und ferne wie
keiner sonst...'. Ein abschließender Vergleich bezieht sich auf zwei parallele Gerade, die sich
erst im Unendlichen in einem Punkt treffen können...'.

Man könnte das Ganze einen Essay nennen, geistreich und zeittypisch, einfallsreich
geschrieben und sowohl literatur- wie auch dichtungswürdig. Es zeigt uns Burte als einen in
vielem unsicheren, in anderem wieder zielstrebigen Menschen, und aus solcher Haltung
erklärt sich manches aus seinen späteren Daseinsentscheiden und Sentenzen, die freilich
auch zu gefährlichen bzw. gefährdeten Tendenzen wurden. Insgesamt aber spricht dieser
Text doch für ihn. und es war der rechte - oder aber der noch zu frühe - Zeitpunkt, ihn als
Reprise nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. nach der NS-Herrschaft zu publizieren. Noch
aufschlußreicher allerdings liest er sich nach all dem Vorgefallenen bis zu bzw. nach seinem
Tod. Sein persönliches Erzählen wird so zu einer imposanten Schlüsselstellung, und man
ersieht daraus, wie schwierig es ist, ein endgültiges Urteil über seine Person zu bilden, und
auch seine Werke wollen nicht in Bausch und Bogen be-bzw. verurteilt werden. (Daraufhabe
ich auch in meinem Burte-Kapitel innerhalb des Bandes Zur badischen Literatur' abgehoben
).

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