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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 1.1992
Seite: 160
(PDF, 31 MB)
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Schwiegervater selig - Sie haben gewiß von ihm gehört-, das war halt einer,
und mein Reserl hat noch allweg ihr kleins Gaudi, daß sie die Tochter vom
berühmten Puppenspieler Geißelbrecht ist. Der hat auch die Mechanik in
dem Kasper1 da g'macht; ich hab ihm derzeit nur 's G'sichtl ausgeschnitten
!'16'

Bachmanns Bearbeitung des Höferschen Puppenspieltextes (der u.a. auch auf Geißelbrecht
zurückgeht) geschah offensichtlich unter dreierlei Gesichtspunkten:

- Bachmann erweiterte die Textvorlage um eine Vielzahl szenischer Anmerkungen,

- er ersetzte "altertümelnde" Begriffe durch heute übliche, ohne dabei zu modern zu
werden. (z.B.: Faust: "Ich will mich in mein Museum verfügen" wird zu "Ich will mich in
mein Studierzimmer verfügen.")

- Bachmann kürzte bzw. strich heute schwer verständliche Wortspielereien, lange
Monologe (zugunsten von mehr Dialogen und mehr Handlung) und "unanständige" Stellen.
(z.B. wurde gestrichen: Hanswursts Satz im Gespräch mit dem Herzog: "Ach! o weh! Da bin
ich ja gerade angekommen wie die Sau ins Judenhaus".)

Viele Textveränderungen sind unter dem Aspekt zu sehen, daß Bachmann meist mit
Jugendlichen (für Jugendliche) Theater machte, der Pädagoge also dem Theatermann
Zugeständnisse machte.

Zwei Szenen aus dem Puppenspiel betrachten wir uns näher: den Beginn des Stückes und das
Lied des Nachtwächters (am Ende des Puppenspiels).

Höfers Puppenspielfassung beginnt mit dem "Vorspiel: Hintergrund Wald; einerseits
Hölle, anderseits Felsen. Die andern Kulissen Wald.

Charon: Pluto!

Pluto: He!

Charon: So!

Pluto: Was so?

Charon: Ich begehre, nicht länger dein Sklave zu sein.
Pluto: Was für ein Sklav?

Charon: Dein höllischer Galeerensklav. Verbessere meine Gage, oder ich fahre nicht
mehr. (...)" 171

Aus mehreren Gründen ist dieses Vorspiel interessant:

- Es zeigt uns, daß Goethes "Idee", dem großen Faust-Monolog ("Habe nun ach,
Philosophie ...") Szenen vorzuschalten, auf das Puppenspiel zurückgeht18'.

- Es wird deutlich, daß die Herkunft des Faust-Dramas immer w ieder nach England weist:
die Höllenszene geht auf den englischen Schriftsteller Thomas Dekker zurück, der 1612 sein
Drama "If This Be Not a Good Play, the Devil Is In It" publizierte und dessen Höllenszene zur
Grundlage des Faust-Vorspiels wurde.191

- Die inhaltliche Bedeutung der Szene liegt darin, daß griechische Mythologie und
christliche Teufelsvorstellungen miteinander verknüpft werden: Pluto - alias Hades - wird
als Gott der Unterwelt zum Herr der christlichen Hölle20': Charon, der Fährmann, der die Toten
über den Grenzfluß der Unterwelt setzt, wird als Sklave Plutos vorgeführt. Das Motiv der
"Herrschaft" (Herr-Diener-Verhältnis) klingt also bereits an. Mit Faust-Wagner. Wagner-
Hanswurst, Mephisto-Faust wird dieses Thema im Puppenspiel fortgeführt und variiert.

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