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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 79
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0081
Ausgezogenen: doch brauchten diese nicht weit zu marschieren: bei Eimeidingen begegneten
sich die beiden Detachemente. worauf man gemeinsam den Rückweg antrat und gegen 10 Uhr
vormittags mit dem gefangenen Schultheißen in Basel eintraf.

Eigenartigerweise hat sich kein Chronist Gedanken gemacht über den rechtlichen Aspekt
dieses massiven Übergriffs bewaffneter Scharen auf fremdes Hoheitsgebiet. Bellingen
gehörte den Herren von Andlau. und der Weg dorthin führte durch die Markgrafschaft. Den
Eidgenossen gegenüber suchte sich Basel mit dem Hinweis auf ein kaiserliches Privileg zu
rechtfertigen. Indessen erscheint diese Argumentation mehr als fragwürdig: denn schon
damals war offenbar keine derartige Urkunde mehr auffindbar.1071

Von dem Verhafteten erfuhren die Basler, wer sonst noch an der Sache beteiligt war.
Belastet wurde ein gewisser Macharius Stähelin. in dessen Haus die Anschläge anscheinend
vorbereitet worden waren. Um jeden Argwohn von sich zu lenken, soll Stähelin sich sogar
unter die Kriegsknechte gemischt haben, die nach Bellingen aufgebrochen waren, um den
Schultheißen gefangenzunehmen. Unterwegs aber verschwand er und blieb in der Folge
unauffindbar, obwohl auf Befehl des Rats in Weil und anderswo nach ihm gefahndet
wurde.10*' Dem verbrecherischen Schultheißen wurde der Prozeß gemacht. Die Hinrichtung
wurde am 4. April 1538 in Basel vollzogen. Schon früher, nämlich am 14. März, wurde auf
einer Tagung im bischöflichen Schliengen zwischen den Konfliktsparteien vermittelt und
die Freilassung der beiden gefangenen Franzosen angeordnet.

Zwei Monate vor der hier erzählten Entführungsgeschichte, am 24. September 1537,
hat ein Skandal ganz anderer Art seinen äußeren Abschluß gefunden: Am Grenzacher Horn
"by der salmenwog" wurde eine Frau ertränkt. Ursache war. "daz sy etlich jor also in
manszkleydung insz margroffen landt gewandert und endthalten (sich aufgehalten) hat, dasz
sy niemansz andersz erkant hat. dan alsz ein man und ein burenknecht". In der Tat verrichtete
diese Frau während Jahren in mehreren Markgräfler Dörfern allerlei ländliche Arbeiten,
dreschte wie ein Bauemknecht und wurde schließlich mit einer hübschen Bauemtochter
vermählt, ohne daß hinsichtlich ihrer Geschlechtszugehörigkeit irgendwelcher Verdacht
aufgekommen wäre. Dies währte so lange, "bisz sy sich ungebürlich hielt mit der gutten
dochter. also dasz sy sy übel schlug, so sy vermeint, manliche werck by ir zu finden; deszhalb
sy ein jungfrow by ir belib und doch nit innen wart oder andersz vermeint, dan sy ein man
wer und sy sunst nit lieben wolt." Schließlich begann sie ein liederliches Leben zu führen,
zu spielen und zu prassen. Als sie auch noch bei einem Diebstahl ertappt wurde, legte man
sie zu Rötteln ins Gefängnis. Erst unter der Folter wurde ihr wahres Geschlecht erkannt.109'

In den Aufzeichnungen eines anonymen Chronisten in der Handschrift des 1541 verstorbenen
Ratsherrn Konrad Schnitt finden wir zwei Vorfalle aus dem Jahre 1539 erwähnt, die
nur zwei Tage auseinanderliegen. Am 27. Juni kommt es zu Schliengen zu einem Selbstmord
durch Erhängen: am 29. spielt sich an einem ungenannten Ort in der Markgrafschaft ein
grauenvolles Ehedrama ab: Ein Bauer bringt beim Kirschenpflücken seine junge Frau nach
nur sechswöchiger Ehe jämmerlich um. Der Mörder wird gefangen und auf Rötteln
gerädert.110'

Eine Fundgrube für Skandalgeschichten aller Art ist das Tagebuch des aus Breisach
stammenden streitbaren und sensationshungrigen Diakons von St. Martin. Johannes Gast
(gest. 1552). Sein lateinisch abgefaßtes Diarium ist freilich lückenhaft überliefert und zudem
nur in einer Abschrift und in teilweiser Überarbeitung durch den Pfarrer von St. Leonhard.
Johannes Tryphius (1551 - 1617). Der Basler Historiker Paul Burckhardt (1873 - 1956) hat
die erhaltenen Teile herausgegeben, übersetzt und kommentiert."1' Unserem Thema entsprechend
, beschränken w ir uns auf diejenigen Fälle, die sich in der badischen Nachbarschaft
zugetragen haben. Zum 10. Februar 1545 notiert Gast: "Der Basler Bürger Werner Lützelmann
ist im benachbarten Dorf Grenzach. das zum Amt Rötteln gehört, von einem Bauer.

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