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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 167
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Grund für sie. jeden kostbaren Fund, den sie machten (ein seltenes Pflänzlein. ein Mineral.
Himbeeren waren auch nicht ausgeschlossen) "Öchslein" zu nennen, das Wandern aber
"metzgen". - Mit der Lust an der Sprachspielerei hängt offenbar Hebels Freude am Rätsel
zusammen - 150 Versrätsel sind von ihm erhalten. - Seine Gspäßli konnten auch recht
gesalzen sein. Wer das Rollenspiel liebt, liebt auch das Theater, und einmal bekennt Hebel,
in die Komödie vernarrt zu sein. Aber mit dem Theater der Badischen Residenz war es
anscheinend nicht weit her: denn dem Freund Engler (den er auch "Angelico" nennt) meldet
er. er gehe diesen Winter "in keine Comödie oder Lustspiel, weil man darin nicht sicher vor
dem Weinen ist. wohl aber in alle Trauer- oder Emsthaften Schauspiele. Denn da gibt es doch
bisweilen etwas zu lachen". Aber durch diesen Privatbrief wird niemand verletzt, und
allgemein gilt, daß Hebel sich gern lustig macht, aber nie so. daß jemand beleidigt werden
könnte. Sophie Haufe in Straßburg, die um mehr als eine Generation Jüngere, hat in ihren in
hohem Alter niedergeschriebenen "Zeit- und Hebelerinnerungen" festgehalten, daß Hebel
bestrebt war. mit aller Welt in Frieden zu leben. - Witz und Humor sind bekanntlich
zweierlei: die Beispiele zeigen, daß Hebel über beide gebot.

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Nach alledem verwundert es nicht, daß er denen, die ihn nur flüchtig kennen, als heiterer
Idylliker erscheint, als Menschenfreund, der die Augen vor den Schwächen und Unzulänglichkeiten
der Kinder Eva nicht verschließt, hierbei sich selbst nicht ausnimmt, diese
unerfreulichen Züge aber - sein Pfiifli im Mund und sein Schöppli vor sich - nachsichtig
belächelt. Aber das ist ein Zerrbild. Wir stoßen - wiederum in den Briefen, aber auch in vielen
Hausfreundgeschichten - auf Belege eines tiefen Lebensernstes und eines sehr nüchternen
Urteils über Proben des Menschlich-Allzumenschlichen und über das Böse im großen
geschichtlichen Maßstab wie im Leben und Wandel des Einzelmenschen. Zu jenem gehört
der Krieg, der mit geheimer Notwendigkeit aus dem Frieden hervorgeht, aber seinerseits
durch einen Friedensschluß beendet wird: böse ist er. weil er skrupellosen Gewalttätern
Gelegenheit gibt, sich grausam am Eigentum und an Leib und Leben von Wehrlosen zu
vergehen. Aber wie er schließlich zum Frieden führt, bringt er die Kämpfenden auch in
die Lage, unter außerordentlichen Erschwerungen Mildherzigkeit und Menschlichkeit
zu erproben! Diese relativ versöhnliche Sicht des bösen Krieges vertritt allerdings der
Hausfreund, der auch die Weisheit und väterliche Gesinnung der "Potentaten" gegenüber
ihren Untertanen rühmt. Der Briefschreiber Hebel dagegen hält an der optimistischen
Deutung des Weltgeschehens nicht so fest! Nach dem Pariser Frieden vom Frühjahr 1814
muß Hitzig ihm von dem neuen Völkermorgen vorgeschwärmt haben, der nun anbrechen
werde: Hebels Antwort: "Ist um Wahrheit und Freiheit und Ehre gekämpft worden, oder war
es eine große Schachpartie! ... Erkennt dein erleuchtetes Auge nicht, daß ein großes
Trauerspiel aufgehört (wenn anders aufgehört) hat. und eine Posse an seine Stelle getreten
ist?" Als Hausfreund und in Wahrnehmung eines volkserzieherischen Auftrags stellt Hebel
seinen Lesern dar. daß selbst im Kriege die Vorsehung waltet und Gott nie "die Hand aus der
Sache zieht" - Gott als letzte Instanz, und nicht die friedliebenden Potentaten, die nur als
Gottes oder der Vorsehung Werkzeuge erscheinen. Daher auch die Bejahung des Gottesgna-
dentums. Aber der Briefschreiber Hebel hat ein anderes Geschichtsbild, das sich auch in
seinem unangemessenen Respekt vor Napoleon verrät. Der hat sich aus eigenen Gnaden zum
Herrn über das Abendland erhoben, und gemessen an ihm wirken jene Potentaten als
Mediokritäten.

Und zur Einschätzung der Mitmenschen: auch sie sind durch das Böse gefährdet - vor
allem vom Schwächling gilt das. der sich, ohne schon ursprünglich böse zu sein, in es

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