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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 33
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in Gesellschaft der Grafen. Fürsten und Prinzen des regierenden Hauses. Dieses Amt brachte
Hebel in einen Zwiespalt: Da war einerseits das Bewußtsein um die Verantwortung, andererseits
das Unbehagen in der neuen Umgebung und die innere Unzufriedenheit, weil er spürte, wieviel
kostbare Zeit mit diesem Amt dahinfloß. Aber er konnte sich den Verpflichtungen nicht
entziehen: er mußte das Amt des Protokollführers übernehmen; er wurde Mitglied der
Baukommission, die das von Friedrich Weinbrenner entworfene "Ständehaus" erbauen ließ,
und er hielt die Festansprache anläßlich der Grundsteinlegung am 16. Oktober 1820.

Zu den interessantesten Begegnungen im Landtag gehörte für Johann Peter Hebel sicherlich
jene mit dem berühmten Konstanzer BistumsVerwalter Ignaz Heinrich Freiherr von Wessen-
berg (1774-1860). dem aufgeklärten, humanistischen Theologen, von dem man sagt, er habe
den Katholizismus im Südwesten human gemacht. Wessenberg war ebenfalls Liederdichter.
Essayist und Volkserzieher, und er war ein genauso origineller Kopf wie Hebel. Ob sich Hebel
und Wessenberg schon vor der Begegnung im Landtag kannten, ist nicht sicher. Man kann
immer wieder lesen. Hebel sei kein politischer Mensch gewesen. Dieses Urteil hängt sicherlich
davon ab. wie man das Politische definiert. Wenn man aber davon ausgeht, daß der Bereich von
Hochschule und Schule, von sozialen und kirchlichen Fragen auch in die Politik hineingreift,
dann kann man ermessen, was Hebel geleistet hat. Die grundlegende Umgestaltung des
Schulwesens, eine Verbesserung der Lehrerausbildung, die Errichtung einer höheren polytechnischen
Schule, der späteren technischen Hochschule in Karlsruhe, sowie die Forderung nach
allgemeiner Studienfreiheit sind nur einige Anliegen, die Hebel und Wessenberg miteinander
im Landtag vertraten.

Im sozialen Bereich ging es ihnen um die Gründung einer Taubstummenanstalt in Pforzheim
und um die Errichtung einer Blindenanstalt in Freiburg. Wenn Hebel vor allem auf den
Gebieten aktiv wurde, die er kannte, so spricht dies nur für ihn. Hierbei muß auch Hebels
Eintreten für eine Lockerung der Zensur erwähnt werden. Obwohl er selbst Mitglied des
Oberzensurkollegiums war. unterstützte er doch den Antrag des liberalen Abgeordneten und
Historikers Karl von Roneck (1775-1840) auf eine Lockerung der Zensurmaßnahmen. Insbesondere
trat er für eine Großzügigkeit bei der Pressefreiheit gegenüber wissenschaftlichen
Publikationen ein. Ebenso stimmte Hebel 1822 der Vorlage eines Gesetzentwurfes zur
Einführung der Pressefreiheit zu. die ja in der damaligen Verfassung noch nicht vorgesehen
war. Hebel wußte, was es heißt, unter der Zensur zu leben. 1802 teilte er seinem Freund
Friedrich Wilhelm Hitzig freudig mit, er habe seine "Allemannischen Gedichte" "aus der
Wundschau der Censur unscalpiert zurückbekommen"9'. Im Jahre 1815 hatte Hebel unliebsame
Bekanntschaft mit der Zensur gemacht, als der" Rheinländi sehe Hausfreund" zurückgezogen
werden mußte, weil die Geschichte "Der fromme Rat" bei der offiziellen katholischen Behörde
in Freiburg und in der Schweiz Mißfallen erregt hatte10'.

Für die Verdienste um die Union der lutherischen und der reformierten Kirche v erlieh ihm
die Universität Heidelberg im Jahre 1821 den Titel eines theologischen Ehrendoktors. Die
Biblischen Geschichten. Hebels letzte große Arbeit, sind aufgrund eines Auftrags entstanden,
für den evangelischen Schulunterricht in Badenein neues Lesebuch zu schaffen. Sie sollten die
als nicht mehr zeitgemäß angesehenen Biblischen Historien v on Johann Hübner ersetzen, die
1714 verfaßt und in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Baden als amtliches Schulbuch eingeführt
worden waren.

Nach langen Vorbereitungen erschienen 1824 die Biblischen Geschichten. Bis 1855 blieben
diese als badisches Schulbuch in Gebrauch, nachdem sie auf der Generalsynode von 1834
einige Änderungen und Streichungen erfuhren, die jedoch mit wohltuender Schonung an
diesem "Denkmal von Hebels Geist und Gemüt" vorgenommen worden sind. Radikaler ging
die Generalsynode von 1855 vor. Man erhob gegen Hebel den Vorwurf mangelnder Bibeltreue11'.

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