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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 69
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0071
Julius Kibiger und das Markgräflerland
Hans H. Hofstätter

Julius Kibiger gehörte zu jenen Künstlern, die im kleinen Kreis wirken, von ihrem
Heimatgefühl geprägt werden und dies in ihren Bildern reflektieren. Man unterschätze diese
Künstler nicht: Sie tragen wesentlich dazu bei. daß sich die Menschen mit ihrem Lebensraum
identifizieren können und sich Erscheinungen und Inhalte bewußt machen, an die sie sich sonst
nur gewöhnt hätten. Ebenso artikulieren diese Künstler Empfindungen und Beziehungen der
Menschen, wie diese es selber nicht gekonnt hätten, durch das Medium der Kunst aber als
wahrhaftig erkennen. Eine Redensart drückt dies aus: Sie sprechen den Menschen ihrer
Landschaft aus der Seele. Dies gilt für die Maler ebenso wie für die Dichter, die sich in der
Mundart ihrer Mitmenschen ausdrücken: man kann sie unmittelbar zueinander in Beziehung
setzen, wie sie auch im Leben miteinander befreundet sind und waren.

Ein solcher Künstler war Julius Kibiger. von dem die Heimatdichterin Lina Kromer. genannt
die "alemannische Droste", sagte: "Du hast das Lied unserer Landschaft in Farben gesungen".
Und ein anderer Freund. Alfred Dietz. sagte 1977 anläßlich einer Ausstellungseröffnung, bei
der Kibigers selbstgebauter Wein kredenzt w urde:"... ein Gutedel bester Sorte - lettig und irden
wie seine Bilder in Tempera". Ähnlich hat es auch Gerhard Jung in seinem alemannischen
Mundartgedicht zum 75. Geburtstag des Malers ausgedrückt: alle haben dabei immer die
Übereinstimmung von Wesenszügen der markgräfler Landschaft mit denen Kibigers festgestellt
und betont.

Zur Charakteristik eines Heimatmalers wie Kibiger gehört auch die Einbindung in seine
dörfliche Umwelt. Die Vorstellung von einer Autonomie der Kunst ist hier fehl am Platz: ein
sich Abschirmen, sich Zurückziehen würde die Bindungen auflösen, aus denen er seine Kraft,
seine Impulse schöpft, die ihn mit den Menschen verbinden, denen er seine Kunst - oft fast
wörtlich genommen - schenkt. Diese Bindungen aber zu erhalten und zu vertiefen, dies führt
zu einer Reihe von Tätigkeiten, die sich zur freien Malerei verhalten wie die Pflicht zur Kür.
Dazu gehört etwa der Entwurf und die Ausarbeitung von Familienwappen. Kibiger hat sich
ausführlich mit Heraldik, der historischen Wappenkunde, beschäftigt und somit alte Tradition
fortgeführt.

Eine w eitere Aufgabe, der sich Kibiger immer widmete, war die Wand- und Fassadenmalerei
in Fresken und Sgraffitti. Phantasievoll kombiniert er Heraldisches mit Naturansichten und
einer meisterlichen Schriftenmalerei auch in der monumentalen Form. Die Aufgaben, die
einem Künstler hier zugemutet werden, sind nicht einfach: Geschichtliche Motive oder
Themen aus der Traditon eines Hauses werden für die noch kahl gebliebenen Wände eines
Zweckbaus gewünscht. "Kunst am Bau" unter höchst undankbaren Bedingungen. "Der Kibiger
Juli wird's scho mache" ist als verbreitete Meinung überliefert, und der Künstler arbeitete oft
Nächte durch, um eine brauchbare Lösung zu finden. Den ausgeführten Arbeiten sieht man
dann nicht mehr an. wie ernst er die an ihn gestellte, undankbare Aufgabe genommen hatte. Wie
Visionen tauchen die Landschaftsausschnitte an der weißen Putzfläche auf und verklingen
wieder, treten kräftige Gestalten in den Vordergrund und gliedern die Fläche in sicherer
Proportionierung. wo die Architektur zuvor eher unsichere Ansichten bot. Auch die Gestaltung
von Innenräumen wurde von ihm erwartet. Eines der schönsten Beispiele findet sich in der
traditionsreichen Weserei in Kandern. die schon Johann Peter Hebel dichterisch gefeiert hat.
Nicht alle Dekorationen dieser Art sind so auf Dauer angelegt, vieles war lediglich auf Zeit
geschaffen, so die Ausmalungen der Weinlauben auf Winzerfesten oder die Theaterkulissen für
Heimatspiele. Auch die künstlerische Gestaltung eines Wein-Lehrpfades übernahm Kibiger zu
den vielen Aufgaben, die seine Arbeitskraft forderten. Ein Freund hat dies so formuliert und

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