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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 97
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0099
Nach den Napoleonischen Kriegen und der Stabilisierung der Verhältnisse im neuen
Großherzogtum Baden kam es in Schliengen wieder zu Märkten. Der 1. (neue) Jahrmarkt im
September 1818 ist ausführlich dokumentiert (Gemeinde-Archiv Schliengen). Es sind alle 140
Stände und ihre Standorte registriert mit den Namen der Händler und meist auch der Waren,
die sie anboten. Darunter scheinen auch eine Reihe von Juden gewesen zu sein, wenn man von
den Namen ausgeht. Behinderungen gab es für sie keine mehr, waren sie doch durch das Gesetz
von 1809 ("Gesetz über die Verhältnisse der Juden" vom 13. L 1809) gleichberechtigt
geworden.

Es waren dies: Isaac Weishau von Breisach mit Mußlin

Jacob Dreyfuß von Schmieheim (bei Lahr) mit Mußlin
Sandel Kasewitz von Schmieheim mit Mußlin
Israel Meyer aus Müllheim
Jacob Meyer aus Müllheim

Aron Bürgersheimer aus Müllheim mit Baumwolle

Jacob David aus Breisach. Porzellan.
Man kann davon ausgehen, daß Juden als Händler immer eine gewisse Rolle auf den
Schliengener Märkten gespielt haben, besonders auf den Viehmärkten, die teilweise mit den
Jahrmärkten koordiniert waren, teilweise auch besondere Markttage hatten. Dokumentiert ist
jedoch nichts darüber.

Von 1828 liegt noch eine Verordnung des Direktoriums des Dreisamkreises, wozu Schliengen
damals gehörte, vor. die besagt, daß Juden nur "Nothandel" treiben dürften, wenn sie im Besitz
eines Patents seien. Dieses Patent durfte weder ihren Söhnen noch ihrem Gesinde übergeben
werden. Allerdings durfte einem Juden dieses Patent nicht versagt werden. Unter "Nothandel"
wurde verstanden: der Besuch der allgemeinen Märkte. Viehmärkte, der Trödelhandel und der
Hausierhandel.

So ergibt sich als letzte Frage: Was weiß man heute noch in Schliengen v on Juden, die bis
1933/34 ins Dorf kamen? Da erscheint in der Erinnerung "der Ziv i" aus Müllheim. Sein
Vorname ist nicht mehr bekannt: vermutlich war es Hugo Zivi aus der früheren Parkstr. 1. Er
kaufte Felle auf - vor allem Kaninchen- und Hasenfelle - und Weinstein, vor allem von den
Weinhändlern und Genossenschaften. Der kleine, dicke Mann mit seinem großen Rucksack
wurde gern verspottet, was er gelassen hinnahm. Er gehörte gewissermaßen zum Dorfbild.
"Was gänner mer. wenn i's mitnimm?" gemeint ein räudiges Stallhasenfell. Dieser Ausspruch
wurde damals kolportiert, wobei unklar blieb, ob er ernst gemeint war. Eine andere Gestalt war
"der lange Sepp", auch "Landschadesepp" genannt oder einfach "Landschade", ein Viehjude
von großer Gestalt im Gegensatz zu den meisten anderen Juden, die ins Dorf kamen: daher wohl
sein Übername. Man sah ihn stets mit einer Kuh oder zwei Ochsen am Hälsig die Landstraße
entlang marschieren. Er stellte einem interessierten Bauern die Kuh für einige Zeit in den Stall,
sozusagen auf Probe, bevor der Handel endgültig gemacht wurde. Ob es sich beim "langen
Sepp" um den von Fritz Fischer (siehe Schuhbauer S. 92 ff.) beschriebenen "Krawatte-Sepp"
Joseph Meier aus Müllheim handelte, konnte nicht festgestellt werden. Ein anderer Viehjude,
der ins Dorf kam, war "der Heimle", wohl Emil Heim aus der Staltengasse in Müllheim. Das
"le" am Ende deutet darauf hin. daß er klein von Statur war. Weitere Namen von jüdischen
Viehhändlern waren: "Kallmännle" - auch hier das vermutlich abschätzige "le" am Namensende
-. Jules Maier und einer namens Bloch. Die sollen aus Kirchen gewesen sein. Insgesamt
waren die Bauern mit den Juden als Viehhändler zufrieden, wenn sie sie auch nicht liebten.

Aus Lörrach (Grabenstraße) kam noch Sigmund und/oder Albert Günzburger. der Stoffe
verkaufte für Bettwäsche. Schürzen usw. Aber er handelte nicht nur mit Textilien, sondern mit
allem, was zu einer Aussteuer gehörte, also auch mit Küchengerät. Er wußte genau, in welchem
Haus eine heiratsfähige Tochter war. Dort erschien er. um sein Angebot zu machen. Schließlich

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