Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 106
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0108
rerseminars und Freund Aloys Henhöfers. Dieser Kontakt entstand im Jahr 1846. In den Winter
1846/47 fiel dann ein Erlebnis, das Mez zeit seines Lebens als sein Bekehrungserlebnis
betrachtete. Während eines Spaziergangs über den Friedhof der Brüdergemeinde in Königsfeld
fand er das Grab eines Kindes, das denselben Namen getragen hatte wie er: Carl Mez. Das war
ihm Anlaß, über sein Leben nachzudenken und fortan "nach dem Reich Gottes und seiner
Gerechtigkeit zu trachten"6l. Seit dieser Zeit, die also noch vor die deutsche Revolution fällt,
arbeitete er in den pietistischen Kreisen Badens mit. so daß er in den einschlägigen Darstellungen
der badischen Erweckungsbewegung neben Aloys Henhöfer als einer ihrer führenden
Leute bezeichnet wird7'.

2. Die Wahrnehmimg gesellschaftlicher Veranrwortung

Nach der eingangs erwähnten Wahl von Carl Mez in die Nationalversammlung veröffentlichte
er in der Oberrheinischen Zeitung einen "Offenen Brief, in dem er seine Grundsätze
vorstellte. Er schreibt:

"Ich hoffe, wir werden Freiheit und Einheit nebeneinander stellen können: wäre dem
unglücklicherweise nicht so, dann stünde mir Freiheit höher als die Einheit. Von jeher bin ich
ergeben gewesen den Grundsätzen wahrer Freiheit. Ich bin es gewesen und ich bin es noch,
nicht aus angeflogener Phantasie, sondern aus der in mir lebenden religiösen Ueberzeugung:
'Der Mensch ist von seinem Schöpfer zur Freiheit erschaffen.' Religion ist mir das allerwich-
tigste, sie ist für meine ganze Lebensrichtung Quelle und Grundlage. (...) Ich glaube, daß
ausschließlich nur die treue Befolgung der Lehre Christi uns vom Verderben zurückhalten und
zu wahrem Glück führen kann. Neben dem wahren Christentum kann Tyrannei nicht bestehen,
aber ohne dasselbe ist auch die Freiheit nicht möglich. Viele werden vielleicht sagen: hier
handle es sich ja nur um Politik und nicht um Religion. Diesen antworte ich: es muß jedoch jedes
Gebäude eine ordentliche Grundlage haben, und da schien es mir nötig, den Felsen zu nennen,
auf welchen ich baue, und von dem zu gleicher Zeit ich auch meine Bausteine nehme"8|.

Dieses "Glaubensbekenntnis", wie Mez selbst es nannte, läßt die Koordinaten erkennen,
welche die gesellschaftliche Verantwortung des Christen Mez bestimmen. Unter Berücksichtigung
der Tradition des deutschen politischen Liberalismus lassen sich in diesem Votum
die Menschenrechtsgrundsätze der Französischen Revolution erkennen: Freiheit, Gleichheit.
Brüderlichkeit. Die immer stärkere politische Durchsetzung dieser Rechte führt nach Mez zu
dem Ziel, das er sich in seiner gesamten Arbeit steckt: Das Wohl der Menschen. Entscheidend
für die besondere Position von Mez ist aber nun die Verknüpfung dieser Menschenrechte mit
seiner christlichen Überzeugung. Die Grundlage seines politischen Engagements kommt ihm
nicht "aus angeflogener Phantasie", sondern sie ist "die treue Befolgung der Lehre Christi".
Hierin unterscheidet er sich von seinen sozialradikalen politischen Mitstreitern. Aber auch
viele seiner Mitbrüder aus der Erweckungsbewegung konnten ihn nicht verstehen, weil sie in
der Demokratiebewegung einen unchristlichen Geist zu erkennen glaubten.

Es soll im folgenden ein Modell vorgestellt werden, an dem deutlich wird, wie diese
Menschenrechtsgrundsätze, für die Mez als Christ in der Politik kämpfte, auch in einem
Wirtschaftsunternehmen durchgeführt werden konnten. Daß Mez als Unternehmer hier ein
Modell schuf, war um so wichtiger, als der Klassenkampf, wie er von den Sozialisten und
Kommunisten propagiert wurde, sich ja vor allem gegen die herrschende, d.h. besitzende
Klasse richtete.

Am 17. Oktober 1848. mitten in der Tagungsperiode der Frankfurter Nationalversammlung,
trug Mez in der badischen Kammer eine sog. Motion - einen Antrag zur Erarbeitung von
Gesetzen - vor, die den Titel trug: "Die Ursachen der überhandnehmenden Verarmung
betreffend". Nach einer Analyse der wirtschaftlichen Situation Badens und der Skizzierung der

106


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0108