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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 107
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0109
zunehmenden Verarmung der Bevölkerung des Landes brachte er eine Reihe v on Vorschlägen,
die dieser Not abhelfen sollten. Einer dieser Vorschläge beschäftigt sich mit der zukünftigen
Entwicklung der Industriestrukturen. Für das Staatswesen hielt Mez die demokratische, oder
wie es damals hieß, die republikanische Staatsform - vielleicht mit dem Übergang einer
konstitutionell-monarchischen - für allein zukunftsträchtig und erstrebenswert. Für sie setzte
er sich in den verschiedenen Gremien ein, in denen er vertreten war. Er blieb mit dieser
Forderung nach demokratischen Strukturen aber nicht im Bereich des Staatswesens stehen,
sondern er formulierte nun auch für das Fabrikwesen:

"Das Fabrikwesen hat sein rein monarchisches System gehabt, es wird bald in ein consti-
tutionell-monarchisches übergehen, und ich zweifle nicht, daß es in späteren Zeiten (nicht)
auch die edle republikanische Form erreiche: dann, meine Herren, wird das Fabrikwesen die
herrlichste Gelegenheit zu einer brüderlichen Association darbieten"9'.

Mez hielt es also für ein erreichbares Ziel, mindestens so etwas wie eine - wie er formulierte
- "republikanische" Form der Zusammenarbeit mit den Arbeitern eines Unternehmens zu
erreichen. Es entsprach genau diesen Vorstellungen, wenn er sich in der Nationalversammlung
dafür aussprach. Arbeiten, die von der öffentlichen Hand ausgeschrieben wurden, möglichst
an Firmen zu vergeben, die "(...) von Unternehmern und Arbeitern, oder auch von Arbeitern
allein [!](...)" organisiert und geleitet wurdeniU'. Gerade der letztere Hinweis - "von Arbeitern
allein" - läßt darauf schließen, daß er sich vorstellen konnte, daß es - im Jahr 1848! -
Unternehmensformen gab, die wir mit der modernen Begrifflichkeit als autonom bezeichnen
würden!

Die innerste Motivation zum Vorschlag dieser Unternehmensform, die der Durchsetzung der
Menschenrechte in der Industrie verhelfen sollte, formulierte Carl Mez zwanzig Jahre später
in einer Schrift anläßlich der Weltausstellung in Paris:

"Die soziale Bedeutung der Fabriken im Allgemeinen ist groß. Wir erkennen, daß eine
geänderte Verfassung derselben Noth thut und wir gehen schon lange mit dem Gedanken einer
'Bundesfabrik' um. in welcher die besten unter den Arbeitern in ein Genossenschaftsverhältniß
mit uns treten. Das hohe Ziel für die menschlichen Verhältnisse, welche dem Guten zugeführt
werden sollen, ist auch das bei Fabriken anzustrebende Ziel und dieses ist kein anderes, als die
ernstlichere und treuere Anwendung und Durchführung der christlichen Prinzipien. Hierin
allein ist Heil"'".

Aufgenommen wird in diesem Abschnitt noch einmal der Gedanke, daß eine innere
Umstrukturierung von Unternehmen eine soziale Aufgabe ist. Hinzugefügt wird, daß dieses
soziale Ziel, das die menschlichen Verhältnisse verbessern soll, ein zutiefst christliches
Anliegen ist. Von seiner christlichen Grundüberzeugung her hielt Mez an einer Gleichheit aller
Menschen vor Gott, ob Unternehmer oder Arbeiter, fest. Im gleichen Artikel formulierte er
diesen Gedanken so:

"Der Mensch muß höher geachtet werden, als die Materie. Waare oder Maschine: er muß
höher geachtet werden als das Thier, und damit man hiezu auch einen vernünftigen Grund habe,
so darf man nicht vergessen, daß in dem Menschen eine Seele wohnt, welche zum ewigen
Leben und zu unendlicher Ausbildung fähig und bestimmt ist. und daß zu solcher Seligkeit in
diesem gegenwärtigen Leben der Grund gelegt werden soll. Nur wer von dieser Seite auch den
geringsten Arbeiter als sein zu ganz gleichem Beruf bestimmtes Mitgeschöpf betrachtet, wird
die rechte Fürsorge haben können für seine Mitarbeiter" 12'.

Die Brisanz dieser Sätze wird erst dann recht deutlich, wenn man sich die teilweise
haarsträubenden Verhältnisse vergegenwärtigt, die die Industrialisierung herv orgerufen hatte.

Genau wie in dem "Offenen Brief an seine Wähler zur Nationalversammlung war für ihn
die Grundlage eines Anliegens, das so und ähnlich auch manche Vertreter des Frühsozialismus
formulierten, die Herrschaft Christi, die auch für das konkrete Zusammenleben der Menschen

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