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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 108
(PDF, 31 MB)
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in Gesellschaft und Arbeitsprozeß ganz konkrete Folgen zeitigen und kein bloßes Lippenbekenntnis
bleiben sollte.

Die Gedanken zu einer genossenschaftlich organisierten Fabrik, die er hier im Jahr 1867
"Bundesfabrik" nannte, sollten dann wenige Jahre später - zumindest in Ansätzen - zur
Wirklichkeit werden. Hier finden wir uns nun in der Geschichte der Pilgermission St.
Chrischona wieder.

Im Sitzungsprotokoll des Komitees von St. Chrischona vom 22. Mai 1872 findet sich
folgende Notiz:

"Herr Mez überbringt den Antrag eines Fabrikanten, der sein Geschäft an die Chrischona
verkaufen will, um 40 000 fl.. so zwar, daß er dabei selber sich noch mit 10 000 fl. beteiligen
würde (...)"I3).

Bei diesem Fabrikanten handelte es sich um den Bürgermeister Mayer aus dem Dörfchen
Hasel im Wiesental. Das zu verkaufende Objekt waren zwei Baumwollwebereien. Mez nutzte
die Chance, mit seinen gleichgesinnten Freunden von St. Chrischona nun endlich seine schon
lange gehegten Überlegungen in die Tat umzusetzen. Dabei konnte er ein Modell schaffen, in
dem seine sozialpolitischen Aktivitäten und seine unternehmerischen Möglichkeiten, die er
beide auf die Grundlage des christlichen Glaubens stellte, sich ganz bewußt mit seiner Aktivität
im Rahmen der Erweckungungsbewegung vereinigten. In den einleitenden Sätzen zu dieser
"Bundesfabrik Hasel" formulierte er die Zielsetzung, die er mit diesem Modell anstrebte:

"Die nachstehenden Statuten wurden in der heutigen Versammlung der Actionäre festgestellt
und dabei wiederholt ausgesprochen, daß durch die Errichtung dieses Geschäfts ein
Versuch beabsichtigt sei, größere Industrien auf sozialer Grundlage zu errichten, also unter
Betheiligung der Arbeiter sowohl am Eigenthum, als wie an der Leitung des Geschäfts. Um
einen weitern höhern Gesichtspunkt damit zu verbinden, wurde bestimmt, daß ein Theil des
Geschäftsgewinnes einer Anstalt für innere Mission zugewendet werde, und zwar der Pilger-
Missions-Anstalt auf St. Chrischona. Die Gründer hoffen, daß unter Gottes Leitung und Segen,
dieser Versuch einen Fingerzeig geben werde, wie auf dem Gebiete der höhern Industrie die
obschwebenden sozialen Gefahren abgewendet werden können; und sie zählen auf die
Mitwirkung aller derjenigen, welche die Bedeutung der sozialen Frage erkennen und welche
in der Lage sind, eine hülfreiche Hand zu bieten"l4'.

Und nach St. Chrischona schrieb er:

"Die Haselsache ist recht eigentlich Sache Innerer Mission" l5).

Wie hat man sich nun die Mitbeteiligung der Arbeiter an der Betriebsleitung und am
Geschäftsgewinn vorzustellen? Und was bedeutete konkret die Verknüpfung dieses Unternehmens
mit einem "Werk der inneren Mission"?

Man wählte die Form einer Aktiengesellschaft. Dabei wurde das Grundkapital der Fabrik,
das 70 000 fl. betragen sollte, in zwei verschiedene Aktienpakete aufgeteilt. Es gab Aktien mit
einem Nennwert von 1000 fl. Das war eine damals übliche Höhe für solche Wertpapiere, die
damit jedoch den Ankauf von Aktien für Arbeiter unmöglich machte. Dazu kamen nun Aktien
im Nennwert von 100 fl. Diese kleinen Aktien waren allein für betriebsinterne Arbeiter
bestimmt, die damit am Kapital der Fabrik partizipieren konnten. Die großen Aktien wurden
an andere Interessenten verkauft. Dabei schlug Mez jedoch vor:

"Wir wollen uns nur an solche wenden, bei denen wir wenigstens keine Feindschaft gegen
das Reich Gottes voraussetzen müßen"

Mez war also daran gelegen, daß bei allen Beteiligten an diesem Experiment die für ihn
unumgängliche Grundlage, der christliche Glaube, geteilt oder mindest nicht boykottiert
wurde. Er setzte sich dann auch intensiv dafür ein, kapitalkräftige Aktionäre, die er aus dem
Bereich der Inneren Mission in ganz Deutschland und der Schweiz kannte, für das Unternehmen
"Bundesfabrik" zu gewinnen.

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