Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 113
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0115
Matthäus Merian d.Ä. wurde am 22.9.1593 in Basel geboren. Schon als Knabe beschäftigte
er sich mit der Radiertechnik und der Malerei. Während seiner Wanderjahre bereiste er viele
europäische Städte und lernte die bedeutendsten Künstler seiner Zeit kennen. 1620. inzwischen
verheiratet, kehrte er mit Frau und Kind nach Basel zurück und führte dort eine eigene
Werkstatt. In jener Basler Zeit beschäftigte sich M. Merian verstärkt mit der Darstellung von
Landschaften.

Die 4 Blätter zu den verschiedenen Tageszeiten spiegeln den Wechsel der Landschaftsstimmung
im Verlaufe eines Sommertages wider, und das Licht spielt hierbei eine entscheidende
Rolle.

Lucas H. Wüthrich beschreibt die vorliegende Radierung wie folgt: "Eine offene Rhein- oder
Neckarlandschaft mit Schiffen und Fischern. Am rechten Ufer stehen zwei Männer mit Hund.
Am bewölkten Himmel, in der Nähe der Sonne, der Sturz des Ikarus"

Renate Knoll schreibt: "Eine weite, gebirgige Flußlandschaft - das Rheintal unterhalb Basels
- dehnt sich im vollen Sonnenlicht. Über die glänzend spiegelnde Wasseroberfläche ziehen
gemächlich die Boote. Im Schatten des hohen Ufers liegen rechts die Fischergalgen, bei denen
Fischer ihr Netz ausgeworfen haben. Die vorne rechts im Schatten ruhenden Wanderer sind
Zeuge vom Sturz des Ikarus. Dieser hatte sich gegen das ausdrückliche Verbot seines mit ihm
fliegenden Vaters Daedalus zu sehr der Sonne genähert, wodurch das Wachs, das die Federn
zusammenhielt, schmolz":'.

Bei der Herstellung von Radierungen muß der Künstler, um eine naturgetreue, nicht
seitenverkehrte Abbildung auf dem Druckpapier zu erhalten, vom Original zuerst eine
seitenverkehrte Vorzeichnung anfertigen. Hierzu kann er zum Beispiel die Originalzeichnung
auf Transparentpapier abpausen, dies dann auf der Vorderseite mit Graphitstaub einschwärzen
und von der Rückseite her die wichtigsten Umrisse mit Hilfe eines Stiftes und dem Graphitstaub
auf die Kupferplatte übertragen. Geschickte Stecher benutzten auch einen Spiegel, um eine
seitenverkehrte Vorzeichnung des Originals zu erhalten. Anschließend konnte dann mühelos
radiert werden. Von solch einer Kupferplatte können bis zu 400 seitenrichtige Abzüge
hergestellt werden. Ein heute seltenes Exemplar der vorliegenden Radierung befindet sich im
Kupferstichkabinett zu Basel.

In früheren Zeiten kam es jedoch öfters vor. daß Künstler und Stecher nicht identisch w aren
und die Originalzeichnung von den Stechern aus Zeitgründen direkt auf die Kupferplatte
durchgepaust wurde. So erhielt man seitenverkehrte Abzüge, was bei der vorliegenden
Radierung ohne Bedeutung ist, da es dem Künstler vor allem um die Darstellung der
Mittagsstimmung in Verbindung mit dem Sturz des Ikarus ging. Fertigt man nun von dem
Originalblatt eine seitenverkehrte Kopie (Abb. 2) an oder hält es vor einen Spiegel (Walter
Küchlin aus Grenzach-Wyhlen machte als erster diese Entdeckung), so stellt der kundige
Betrachter erstaunt fest, daß uns hier die Landschaft bei Grenzach im 17. Jahrhundert gezeigt
wird, wir somit die früheste bekannte Darstellung der Rheinlandschaft bei Grenzach haben.
Was spricht dafür, daß es sich um die Landschaft oberhalb Basels handelt? Zum Vergleich ist
auch eine Zeichnung aus dem Jahre 1748 angefügt (Abb. 3)ä). Unterhalb Basels gab und gibt
es keine dem Bild ähnelnde Landschaft. Auch wenn sich das Rheintal im Laufe der Jahrhunderte
stark änderte, so kann man doch sagen, daß der Fels auf der rechten Seite im Originalblatt
nicht der Isteiner Klotz ist. Betrachtet man weiterhin die seitenverkehrte Kopie, so hat man den
Eindruck, daß M. Merian beim Zeichnen an einer Stelle saß, die ungefähr 400 m vor dem Zoll
auf Schweizer Seite liegt. Interessant ist hierbei die zwischen Hornfelsen und Steilufer
dargestellte Konstruktion aus 2 senkrechten und 2 waagrechten Hölzern. Hierbei handelt es
sich höchstwahrscheinlich um die erste bekannte Darstellung eines Galgens, der sich an jener
Stelle - heute Bahnübergang - befunden hat. Erhard Richter gibt Belege für eine Richtstätte an
jenem Ort an. 1365 werden erstmals am Horn 3 Galgen erwähnt. 1462 nennt eine Riehener

113


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0115